3.2.2 Aktuelle Formen der Interessensvertretung für Computerspieler
Nachdem nun festgestellt werden konnte, dass Computerspieler sich nicht vor einer öffentlichen Diskussion verschließen, sondern ganz im Gegenteil aktiv ihre Meinung zu Themen die Computerspiele betreffen argumentativ äußern wollen, stellt sich die Frage, ob es Personen geben kann, die besonders bei öffentlichen Fragen die Interessen der verschiedenen Spieler vertreten können. Besonders in Anbetracht der politischen Diskussionen über eine weitere Verschärfung des Jugendschutzgesetzes, wobei auch über zunehmende Spieleverbote nachgedacht wird, wovon ebenso Erwachsene Spieler betroffen wären, erscheint ein Stellvertreter, der für die Interessen der Spieler eintritt als durchaus sinnvoll um sich an derartigen Diskussionen überhaupt wirkungsvoll beteiligen zu können. Ebenso könnte von zentraler Stelle aus an Medienberichterstatter heran getreten werden, genauso wie den Medien letztendlich auch ein geeigneter Gesprächs- und Interviewpartner zur Verfügung stehen würde. Die bisher erwähnten, extrem zahlreichen Reaktionen von Computerspielern auf öffentliche Kritik scheinen den Wunsch einer solchen Interessenvertretung zu erhärten. Verbunden ist damit vermutlich auch der Wunsch durch solch einen Stellvertreter in der Gesellschaft allgemein mehr Verständnis und Akzeptanz für Computerspiele und ihre Nutzer zu schaffen.
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Petitionen
Betrachtet man die bisherigen Geschehnisse, lassen sich bereits verschiedene Unternehmungen ausmachen, derartige Interessenvertretungen zu verwirklichen. So sind z.B. Online-Petitionen von Spielern als Privatperson gestartet worden, mit dem Versuch die Meinung vieler Spieler zu einem bestimmten Thema zu bündeln und somit auf sich aufmerksam zu machen. Viele solcher Aktionen konnten jedoch praktisch keine Aufmerksamkeit erregen und scheiterten oft an mangelnder Verbreitung, unprofessioneller Aufmachung und auch mangelnder Zuversicht in den Erfolg solcher Aktionen seitens der Spieler. So erntet ein Spieler, nach dem Aufruf an einer Petition teil zu nehmen, die sich gegen ein angeblich geplantes Verbot bestimmter Computerspiele richtet, unter anderem folgende Kommentare:
„Online Petitionen sind albern und nutzlos“ (Masmiseim 2006).
„Eine Onlinepetition mit schlechter Rechtschreibung und mangelnder Interpunktion soll irgendjemand ernstnehmen?“ (bär 2006).
„Wäre nett mal zu wissen, gegen was sich die Petition überhaupt richten soll. Die Seite ist scheiße aufgebaut, es wird nicht einmal deutlich, was mit der Petition ausgesagt werden soll.“ (MrBrook 2006).
Im März 2007 hatte die Petition gerade mal 321 Teilnehmer wobei sie mindestens 3 Monate zuvor gestartet wurde.
Es gibt ein paar wenige Gegenbeispiele die auf mehr Akzeptanz unter den Spielern gestoßen sind. So hat z.B. eine Online-Petition „Gegen unzumutbare Kopierschutzmaßnahmen beim Computerspiel Gothic 3“ (Mondgesänge 2006a) innerhalb von vier Monaten 7482 Teilnehmer verzeichnet und das, obwohl die Gothic-Computerspielreihe, im Vergleich zu den Bestsellern der Branche, nicht die größte Fangemeinde hat. Andererseits ist diese Petition im Vergleich zum vorigen Beispiel sehr professionell verwirklicht worden. Sie wurde von Fans des Spiels erstellt und stellt konkrete Forderungen an die Verleger des Spiels „Gothic 3“, dessen Entwickler „Piranha Bytes“ übrigens in Deutschland ansässig ist. Die Petition wurde vor der Fertigstellung des Rollenspiels „Gothic 3“ durchgeführt und an die Verleger übersandt. Im Petitionstext fordern die Spieler, dass das Computerspiel nicht mit einem Kopierschutz versehen werden soll, der für die Spieler, aus ihrer Sicht, nicht zumutbar ist. Dazu gehöre ein tiefgehender Eingriff des Kopierschutzes in das Computersystem mit möglichen unangenehmen Folgen für das System, die unerwünschte Übermittlung von Informationen, eine Zwangsregistrierung beim Verleger und Maßnahmen des umstrittenen Digital Rights Management Mit DRM kann die Nutzung digitaler Medien durch den Hersteller massiv eingeschränkt werden. Nähere Informationen hierzu finden sich z.B. auf den Seiten www.drm.info und www.digital-rights-management.de

(DRM). Insbesondere sprechen sich die Spieler gegen die Kopiersperre „Starforce“ aus, da diese einige der genannten Eigenschaften beinhalte: „Starforce wird, so wie jeder andere Kopierschutz auch, mit dem Ziel eingesetzt, eine illegale Vervielfältigung der Software zu verhindern. Um dies zu erreichen, entfaltet Starforce eine Reihe von Aktivitäten, die sehr tief in das Computersystem eingreifen. Beispielsweise werden eigene Gerätetreiber installiert, Datenströme überwacht und Computer nach verdächtigen Programmen durchsucht. Diese Vorgehensweise ist mit Risiken für die Stabilität und Leistungsfähigkeit des PCs verbunden und führt darüber hinaus oft zu diversen Problemen. Beispielsweise ist es in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen, dass die Original-CDs von mit Starforce geschützten Spielen nicht erkannt wurden, und das Spiel erst nach langwieriger Fehlersuche und nur mit der Hilfe des Herstellersupports gestartet werden konnte - wenn überhaupt.“ (Mondgesänge 2006b). Die Petition richtet sich aber nicht ausschließlich gegen „Starforce“ da verschiedene andere Kopierschutzmechanismen ähnlich arbeiten. Es wird angeprangert, dass kein aktueller Kopierschutz auf Dauer verhindern kann, dass Software kopiert wird und somit nur der ehrliche Käufer durch solch extreme Mechanismen benachteiligt wird. Die angeführten Probleme mit entsprechenden Kopierschutzmechanismen sind schon häufiger von verärgerten Nutzern vorgebracht worden. In Extremfällen wird sogar von Hardwareschäden berichtet (vgl. Boycott Starforce 2007).
Entwickler und Publisher haben sich zwar letztlich entschieden das Computerspiel „Gothic 3“ nicht mit dem Kopierschutz „Starforce“ zu versehen, stattdessen wurde aber der Kopierschutz „Tages“ implementiert, welcher den Reaktionen in Spielerforen nach zu urteilen bei einigen Spielern ebenfalls Probleme zu verursachen scheint. Am häufigsten ist zu lesen, dass die Original-DVD im Laufwerk nicht als Original erkannt wird und das Spiel nicht gestartet werden kann. Dementsprechend regen sich einige Spieler darüber auf „das ich 70€ ausgegeben habe für ein spiel das nicht läuft weil sie alle immer die besten kopierschutzmaßnahmen treffen wollen bis garnix mehr geht!!!“ (Snakiii 2006). So ist zu lesen das einige Benutzer, die mit entsprechenden Problemen zu kämpfen haben, auf illegale Cracks Cracks entfernen oder umgehen den Kopierschutz einer Software, um diese auch ohne den originalen Datenträger nutzen und vervielfältigen zu können. Meist werden zu fast jeder neu veröffentlichten Software Cracks erstellt, welche anschließend häufig im Internet zur Verfügung gestellt werden.

zurückgreifen welche den Kopierschutz aushebeln, und das obwohl sie das Spiel legal erworben haben.
Somit scheint der Versuch der Spieler, die eigenen Interessen überzeugend zu vermitteln, in diesem Fall doch fehlgeschlagen zu sein. Die meisten Online-Petitionen, die von Spielern erstellt werden, scheitern aber wie erwähnt meist schon an ihrer halbherzigen und unprofessionellen Aufmachung. Man kann sagen, dass diese Art der Interessenvertretung, hervorgebracht durch die Spieler selbst, in der Vergangenheit selten zum gewünschten Erfolg geführt hat.
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Fachpresse als Interessensvertreter
Während der Untersuchung konnte ebenfalls festgestellt werden, dass sich Computerspieler, auch wenn solche Versuche immer wieder aufkeimen, eher selten auf spontane Aktionen aus den eigenen Reihen verlassen. Stattdessen wird öfter von bereits bestehenden „Institutionen“ erwartet, oder diese werden darum gebeten, die Interessen der Spieler in der Öffentlichkeit zu vertreten. Unter diese Kategorie fallen bspw. auch Computerspiele-Fachzeitschriften, deren Hauptaufgabe meist darin besteht, neu erschienene Computerspiele zu testen und kritisch zu bewerten, dabei jedoch hauptsächlich aus Gesichtspunkten des Spielspaßes. Einige Computerspieler scheinen den Redakteuren solcher Zeitschriften ein gewisses Vertrauen entgegen zu bringen, was sicher auch daran liegt, dass sich diese in ihren Artikeln selbst als Computerspieler darstellen und somit ebenfalls in gewisser Weise von vielen Spielern zur großen Gemeinschaft der Computerspieler gezählt werden. Dementsprechend sehen manche Spieler diese Redaktionen als ein potentielles Sprachrohr aus den eigenen Reihen, welches die nötige Kompetenz und eine gewisse Plattform besitzt, um auch gehört zu werden. Jedoch sind diese, ebenso wie andere Fachzeitschriften auch, im Grunde darauf ausgerichtet, lediglich die Fachleserschaft zu erreichen, in diesem Fall also hauptsächlich die Computerspieler. Werden in diesen Zeitschriften Themen angesprochen, die auch in Teilen der Öffentlichkeit außerhalb der Computerspielszene diskutiert werden, dann meist ebenfalls als Berichterstattung für Computerspieler. Andererseits haben sich in der Vergangenheit zunehmend Artikel gehäuft, die sich aufgrund der öffentlichen Kritik an Computerspielen besonders kritisch mit dem Thema auseinandersetzen, wobei teilweise auch versucht wird, an bestimmte Kritiker heran zu treten oder eine gewisse Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erregen. In diesem Zusammenhang wäre bspw. der Artikel in der Zeitschrift „PC Games“ mit dem Titel „Parole: Killerspiel“ zu nennen (vgl. PC Games 2007a). Der Artikel berichtet, wie das ARD-Fernsehmagazin „Kontraste“ mit seiner Sendung vom 23. November 2006, ebenfalls kurz nach den Ereignissen in Emsdetten, mit dem Titel “Killerspiele als Gebrauchsanleitung“ (Mayer 2006). Empörung unter zahlreichen Spielern ausgelöst hat, welche dies hauptsächlich in E-Mails an die Redaktion des Magazins zum Ausdruck gebracht haben. Weiter heißt es, dass die Redaktion von „Kontraste“ mit einem Rundschreiben auf die Kritik reagiert hat, in dem sie u. a. darauf beharrt: „Hauptthese des Stückes war und ist: 'Gewalttätige Computerspiele machen brutal und dumm, und zwar um so mehr, um so jünger der Spieler ist, um so gewalttätiger die Spiele sind, um so länger die Spielzeit pro Tag ist.'“ (PC Games 2007b). Auch auf der Homepage des Fernsehmagazins „Kontraste“ ist im Artikel zur Sendung u. a. folgendes zu lesen: „Vier Tage nach dem Amoklauf von Emsdetten wird diskutiert und gestritten: Sollen diese Killerspiele, die auch der Amokläufer so oft gespielt hat, verboten werden oder nicht. Sofort! Sagen viele. Andere meinen: Das bringt doch alles nichts. Wir von KONTRASTE meinen, so ein Verbot ist dringend nötig! Denn diese Killerspiele animieren nicht nur verzweifelte Einzeltäter: Sie sorgen dafür, dass ganz viele Kinder verdummen und verrohen. [...] Gewalttätige Computerspiele sind eine wichtige Ursache für Amokläufe.“ (Mayer 2006).
Was letztendlich zu der Aktion der „PC Games“ geführt hat war folgende Passage aus dem Rundschreiben der „Kontraste“-Redaktion: „All die empörten Spieler von Killerspielen, die sich selbst in Ihren E-mails Friedlichkeit und Intelligenz attestierten (und so meinten, den Beitrag ad absurdum geführt zu haben), dürfen sich also als den statistischen Ausreißer betrachten.“ (PC Games 2007b). Dies wird damit begründet, dass diese Spieler nur eine Ausnahme darstellen würden, so wie jedem bekannt sei das bspw. das Rauchen das Lungenkrebsrisiko erhöhe, es aber dennoch 80-jährige Kettenraucher geben würde, sowie 30-jährige Nichtraucher, die an Lungenkrebs sterben würden. In der Masse sei es jedoch nicht zu leugnen, dass Rauchen das Lungenkrebsrisiko fördere. Einen ähnlichen Zusammenhang sieht die Redaktion also zwischen gewalthaltigen Computerspielen und deren angeblicher Wirkung, die brutal und dumm mache. Das friedfertige Spieler solcher Computerspiele nur einen „statistischen Ausreißer“ darstellen sollen hat die Redaktion der „PC Games“ zum Anlass genommen ihre Aktion: „Parole: Killerspiel“ zu starten. Neben dieser Berichterstattung wird dabei dazu aufgerufen, einen vorgefertigten Brief der Zeitschriftenredaktion zu unterschreiben und mit eigenen Worten zu ergänzen, sowie Bilder von sich im Kreis der Familie oder Freunde bei zu legen, um zu zeigen, dass Spieler solcher Spiele nicht grundsätzlich brutal seien. Die Redaktion möchte die Briefe sammeln und anschließend gebündelt an die „Kontraste“-Redaktion senden. Neben der Kritik Millionen Spieler in der Öffentlichkeit in ein falsches Licht zu rücken, enthält der Brief der „PC Games“-Redaktion u. a. am Ende die Aufforderung: „Treten Sie endlich in einen Dialog.“ (PC Games 2007c). Die Zeitschriftenredaktion setzt sich also für das ein, was von etlichen Spielern, wie bereits in verschiedenen Beispielen verdeutlicht wurde, gefordert wird, nämlich eine sachliche Diskussion zu führen. In einer E-Mail, die im Vorfeld dieser Aktion von der „PC Games“-Redaktion an die „Kontraste“-Redaktion versand wurde, heißt es u. a.: „Gerne geben wir Ihnen einen tieferen Einblick in die Welt der Computerspiele und -spieler - bei PC Games in Fürth, an einem runden Tisch oder auch bei Ihnen in Berlin.“ (PC Games 2007d). Die E-Mail blieb unbeantwortet und mehrmaliges Nachhaken durch die „PC Games“-Redaktion wurde angeblich ebenfalls weitestgehend ignoriert. Dies war wohl mit ein Grund warum man sich zu der zuvor erwähnten Briefaktion entschlossen hat. Inwiefern solche Aktionen, sollte es ein Einzelfall bleiben, auch wirklich etwas bewirken bleibt fraglich, zumindest werden damit jedoch bestimmte Interessen etlicher Computerspieler gegenüber einem Kritiker vertreten und es wird versucht sich in den Diskurs einzubringen.
Die Aktion wurde, den Kommentaren auf den Webseiten der „PC Games“ nach zu urteilen, von der überwiegenden Mehrheit der Leser sehr positiv aufgefasst: „Wunderbar! Da mache ich doch direkt mit.“ (Jared 2007). Manche scheinen sich nicht sicher über den Erfolg der Aktion zu sein, im Großen und Ganzen scheinen die Spieler jedoch froh zu sein „das nun auch von seiten der pcgames mal was getan wird“ (Kaller1986 2007). Die Freude über solche Aktionen scheint auch daher zu rühren, dass einige Spieler anscheinend sonst niemanden ausmachen können, der in solchen Belangen öffentlich ihre Interessen vertritt:
„Finde ich klasse, dass ihr euch so engagiert. Leider haben die Spieler immer noch keine richtige Lobby, da ist es umso wichtiger dass ihr als auflagestarkes Magazin so etwas macht, auch wenn es eigentlich nicht euer Job ist. Aber daran sieht man dass ihr auch Spieler seid... Kurz: Danke!“ (AoE_Maniac 2007).
Interessanterweise ist auch an verschiedenen Stellen immer wieder zu lesen, dass die Spieler gerne auch gemeinsame Aktionen der gesamten Computerspiele-Fachpresse sehen würden: „endlich mal, jetzt wäre schön wenn die spielemagazine mal zusammen sprechen würden und gemeinsame aktionen starten“ (echohead 2007).
„Allerdings finde auch ich, dass ihr mal eure wechselseitigen Intimfeindschaften mit den anderen Spielermagazinen außen vor lassen solltest und gemeinsame Aktionen ins Leben rufen solltet. Denn mit einer geschätzten Lobby von 5 Millionen erreichten Lesern im Rücken kann man doch viel mehr bewegen.“ (Phade 2007).
Aus den Kommentaren wird deutlich, wie sehr sich manche Spieler eine organisierte Vertretung ihrer Interessen wünschen. Die Spielefachzeitschriften scheinen dabei von den meisten Spielern als würdiger Vertreter angesehen zu werden, da sie, wie erwähnt von den Spielern ebenfalls als Computerspieler wahrgenommen werden, sowie eine hohe fachliche Kompetenz besitzen und anscheinend auch die Meinung der meisten Spieler in öffentlichen Fragen, in Bezug auf Computerspiele/r, teilen.
Die beschriebene Aktion der „PC Games“ ist allerdings erst nach besonders brisanter, öffentlicher Kritik gegenüber Computerspielen bzw. -spielern gestartet worden. So sind dieser Aktion zunächst überaus zahlreiche Unmutsäußerungen seitens der Spieler vorausgegangen, bevor die Redaktion der „PC Games“ sich stellvertretend an einen der vielen Berichterstatter gewandt hat und schließlich zu dieser Briefaktion aufgerufen hat. „Da wir uns [...] als Vertreter von weit mehr als einer Million Spieler [bezogen auf die Verkaufszahlen] verpflichtet sehen, hier einzuschreiten“ (PC Games 2007e).
Vergleichbare Aktionen durch Spielefachzeitschriften sind allerdings auch schon vorher durchgeführt worden. Das Computerspielemagazin „GameStar“ hat bereits früher reagiert, jedoch musste auch hier stets erst eindeutige Kritik von Außen vorangehen und eine gewisse Aufruhr unter den Spielern stattfinden, bevor das Gespräch mit den entsprechenden Parteien gesucht wurde.
So wurde bspw. auf den Fernsehbeitrag des Magazins „Frontal21“ vom 26. April 2005 mit dem Titel „Gewalt ohne Grenzen - brutale Computerspiele im Kinderzimmer“ mit einer Petition reagiert, die von der Zeitschrift „GameStar“ ins Leben gerufen wurde. Wie bereits weiter oben verdeutlicht wurde, haben viele Computerspieler mit teils heftiger Kritik auf die Beiträge des Fernsehmagazins „Frontal21“ zum Thema Computerspiele reagiert. Dies hat die „GameStar“-Redaktion wohl ebenfalls zum Anlass genommen, eine solche Petition zu eröffnen, in der eine „ausgewogene Darstellung der Sachverhalte“ (GameStar 2005a, zitiert nach Internet Archive 2007a) gefordert wird. Die Petition stieß auf recht hohe Resonanz unter den Spielern. Wie bereits weiter oben erwähnt, verzeichnete sie innerhalb ca. eines Monats rund 51.000 Teilnehmer. In diesem Fall wurden die Onlineunterschriften jedoch nicht einfach nur übergeben, sondern die „GameStar“-Redaktion suchte gezielt das Gespräch mit der Redaktion von „Frontal21“. So wurde die vereinbarte Übergabe am 2. September 2005 zu einer kurzen Diskussion genutzt. Anwesend waren Gunnar Lott („GameStar“-Chefredakteur), sowie von „Frontal21“ Dr. Rainer Fromm (Autor), Dr. Claus Richter (Redaktionsleiter), Theo Koll (Moderator) und Nikolaus Brender, der Chefredakteur des ZDF (s. Abbildung 15).
Abbildung 15: Diskussion zwischen dem GameStar-Chefredakteur (links) und Vertretern des ZDF (GameStar 2005b)
Die Besetzung zeigt, dass das ZDF bereit war, die Angelegenheit ernst zu nehmen. Laut „GameStar“ endete die Diskussion nach einer Stunde zwar nicht im Konsens, aber durchaus mit Positionen, die weniger weit voneinander entfernt waren als vorher (vgl. GameStar 2005c).
Manche Computerspieler äußern sich sehr positiv über den Versuch der „GameStar“ einen Diskurs zu führen. Ein Community-Mitglied spricht sich dafür aus: „das die ZDF/ARD 'meinung' UND die Gamer 'meinung' sich annähren/verbinden sollten. Sind wir bereit gewisse moralische kompromisse einzugehen könnten die das auch? Ziel sollte allgemeine toleranz und irgentwann normalität sein.“ (Netrunner 2005). Auch hier zeigen die Forderungen des Spielers wieder deutliche Parallelen zu den Ansprüchen der Diskursethik.
Ein weiteres Beispiel für eine Spielerinteressensvertretung durch eine Spielefachzeitschrift betrifft die von verschiedenen Seiten gestellte Forderung einer Indizierung des Computerspiels „Counter-Strike“, nachdem die Tat von Robert Steinhäuser im Jahr 2002 mit diesem Spiel in Verbindung gebracht wurde (vgl. Kap 2). Auch dies stieß wie bereits erwähnt auf zahlreiche Kritik aus Spielerkreisen. Auch in diesem Fall hatte das Magazin „GameStar“ eine Onlinepetition gestartet, worin gegen die Indizierung des Spiels plädiert wurde. Die Petition stand lediglich eine Woche lang online, in dieser Zeit wurden laut „GameStar“ über 20.000 Onlineunterschriften gesammelt (vgl. GameStar 2002b). Diese wurden anschließend an die damalige BPjS, welche über den Indizierungsantrag entschied, und an das Familienministerium übergeben. Wie bereits erwähnt haben sowohl die Petition, als auch sonstige zahlreiche argumentative Proteste aus Spielerkreisen anscheinend dazu geführt, dass sich die BPjS dazu entschied zwei Spieler zur Anhörung einzuladen.
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Gewählte (Profi-)Spieler als Interessensvertreter
Dies führt uns zu einer weiteren Art der Interessensvertretung für Computerspieler. Die direkte Vertretung durch Spieler aus der professionellen Computerspielszene. Im Fall der Anhörung vor dem Gremium der BPjS war eine solche Vertretung in gewisser Weise nahe liegend, da besonders aus dem professionellen Computerspielebereich etliche Argumente geliefert wurden, warum „Counter-Strike“ nicht indiziert werden sollte. Demnach werde das Spiel als eine Art Sport betrachtet. „Das 'Erlegen' eines Gegners ist Mittel zum Zweck, ähnlich des Umwerfens einer Schachfigur wenn man sie schlägt.“ (Spilker 2002b). Näheres zu derartigen Argumenten wurde bereits in Kap. 3.2.1 erläutert.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch wie die Vertreter der Spieler ausgewählt wurden. Dabei ist zunächst anzumerken, dass die PlanetLAN GmbH, welche u. a. unter dem Namen „WWCL“ World Wide Championship of LAN-Gaming, s. www.wwcl.net

eine LAN-Party-Liga für E‑Sportler betreibt, nach bekannt werden des Untersuchungsverfahrens bzgl. „Counter-Strike“ an die damalige BPjS herangetreten sei, mit dem Vorschlag zwei Spieler in der Anhörung vorsprechen zu lassen. Dies wurde dem Verfasser von Michael Wegner, dem damaligen Geschäftsführer von PlanetLAN, auf Anfrage am 13.04.2007 schriftlich mitgeteilt. Dabei habe man der BPjS vorgeschlagen, zwei Spieler aus der großen Datenbank der WWCL-Liga zu vermitteln. Die BPjS habe, im Hinblick auf die überwältigende Anzahl an Protesten aus Spielerkreisen, dem Vorschlag entsprechend zugestimmt. Weiter gibt Wegner an, man habe sich anschließend intern dazu entschieden, die Auswahl der Vertreter der Szene zu überlassen. Somit wurde mit der Organisation einer demokratischen Wahl begonnen, welche über das Internet auf einer eigens dafür eingerichteten Webseite ausgeführt werden sollte (vgl. WWCL 2002 zitiert nach Internet Archive 2007b). Dazu wurden zunächst „die größten Clans, Community-Websites und Portale“ (Vögeding 2002a) der Szene gebeten, jeweils drei Spieler für die Wahl vorzuschlagen (s. Abbildung 16). Aus dem E-Mail Text, welcher an die verschiedenen Szeneseiten gerichtet wurde und welcher dem Verfasser ebenfalls mit freundlicher Genehmigung durch Michael Wegner überlassen wurde, geht hervor, dass explizit darum gebeten, wurde drei „aktive Counter-Strike-Spieler“ vorzuschlagen, welche ihrer Meinung nach die Szene am besten vor dem Gremium der BPjS repräsentieren könnten. Anschließend wurden die am häufigsten genannten Spieler zur Wahl gestellt. Zwei Spieler lehnten die Kandidatur ab, somit standen 9 Spieler zur Wahl. Von jedem der Spieler wurde ein kurzes Profil online gestellt, welches neben einigen persönlichen Angaben und den bisherigen Erfahrungen im E‑Sport Bereich auch persönliche Argumente gegen eine mögliche Indizierung enthielt. Die Möglichkeit zur Stimmabgabe stand frei verfügbar online und wurde innerhalb der Szene auf verschiedenen Internetseiten bekannt gegeben. Theoretisch konnte jede Person mit Internetzugang an der Wahl teilnehmen, auch wenn sich die Wahl natürlich nur an Spieler richtete.
Exakt 14 Tage lang konnte abgestimmt werden. Am Ende erhielten die beiden Spieler die meisten Stimmen, die bereits in der Vorauswahl am häufigsten vorgeschlagen wurden: Rami „Raal“ Allouni und Sven „Moquai“ Spilker (s. Abbildung 17). Die genaue Stimmanzahl sowie die Existenz etwaiger Sicherheitsmaßnahmen, um bspw. eine Manipulation der Wahl zu verhindern, konnten leider nicht mehr rechtzeitig in Erfahrung gebracht werden. Ein Interesse an einer solchen Manipulation erscheint jedoch unwahrscheinlich, da hieraus für niemanden ein besonderer persönlicher Vorteil auszumachen wäre.
Abbildung 16: Vorauswahlergebnis der Spielervertreter vor dem BPjS-Gremium (WWCL 2002 zitiert nach Internet Archive 2007b)
Abbildung 17: Endgültiges Wahlergebnis der Spielervertreter vor dem BPjS-Gremium (WWCL 2002 zitiert nach Internet Archive 2007b)
In diesem Fall wurden die Spielervertreter also durch eine Art demokratische Wahl ermittelt. Dazu muss jedoch beachtet werden, dass die vorgeschlagenen Kandidaten zu diesem Zeitpunkt alle aus dem (professionellem) E‑Sports-Bereich stammten. Zur Beteiligung an der Wahl wurde jedoch die gesamte „Counter-Strike Szene“ aufgerufen. Es ist anzunehmen, dass sich jedoch etliche Counter-Strike-Spieler nicht für den E‑Sport interessieren, so wie nicht jeder Intensivspieler zum Typ E‑Sportler gehört (s. Kap. 2.3). Insofern stellt sich die Frage inwieweit professionelle Spieler die Interessen aller Spieler vertreten können. In diesem Fall lag das grundlegende Interesse natürlich darin, dass das Computerspiel Counter-Strike nicht indiziert wird. Es kann davon ausgegangen werden, dass jemand, der ein bestimmtes Computerspiel gerne spielt, kein Interesse daran hat, dass dieses indiziert wird. Wie wir jedoch bereits in Kap. 3.2.1 festgestellt haben, gehen inhaltliche Argumentationen in Bezug auf Computerspiele zwischen E‑Sportlern und anderen Spielertypen teilweise auseinander. Im Hinblick auf eine allgemeine Interessensvertretung von Computerspielern müsste also erörtert werden, ob professionelle Computerspieler auch die Interessen anderer Spielertypen vertreten können. Aber das wohl überwiegend gemeinsame Ziel aller Counter-Strike-Spieler konnte jedoch in diesem Fall erreicht werden, nämlich das das Spiel nicht indiziert wird.
Laut WWCL-Webseite erklärte die Vorsitzende der damaligen BPjS und heutigen BPjM, Frau Monssen-Engberding, in der Begründung der Entscheidung, dass die Ausführungen der „gewählten Vertreter der Counter-Strike Szene von Raal und Moquai klar herausgestellt hätten, dass der Sport im Vordergrund stehe.“ (Vögeding 2002b). Wie bereits erwähnt, heißt es in der Entscheidung der BPjS, dass es sowohl Gründe für, als auch gegen eine Indizierung gebe. Die argumentativen Proteste vieler Spieler und die Ausführungen der beiden Spielervertreter haben allerdings sicher dazu beigetragen, die Gründe gegen eine Indizierung zu verdeutlichen bzw. zu untermauern. Ebenfalls bereits erwähnt wurde, dass laut BPjS im Falle einer Indizierung „das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften gravierende Rechtsfolgen nach sich zieht, die in diesem Falle zu weitreichend sind.“ (BPjS 2002, S. 5). Im Hinblick auf eine erfolgreiche Entwicklung des professionellen E‑Sports in Deutschland, welcher besonders auch auf ein gewisses öffentliches Interesse angewiesen ist, hätte eine Indizierung des Computerspiels Counter-Strike, welches nach wie vor eine der Hauptattraktionen im E‑Sport-Bereich darstellt, in der Tat weit reichende Folgen gehabt. So hätte bspw. aufgrund des Werbeverbots höchstwahrscheinlich keine öffentliche Berichterstattung mehr stattfinden können, womit schließlich die benötigten Zuschauer und damit auch die Sponsoren ausgeblieben wären.
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Dachverband als Interessensvertreter
Der erste explizite Interessensvertreter für E‑Sportler wurde Ende 2003 als Deutscher eSport Verband (DeSpV) gegründet, welcher sich aus führenden Mitgliedern von bis dato erfolgreichen deutschen E‑Sport Clans zusammensetzte. Dieser sollte die Interessen der E‑Sport Teilnehmer kanalisieren und mittelfristig E‑Sport in der Öffentlichkeit als Sportart etablieren. Kurz darauf wurde jedoch der Deutsche eSport Verband e.V. (DeSV) gegründet, welcher mit demselben Anspruch startete, worauf es zu Streitigkeiten zwischen den beiden Verbänden kam. Ende 2004 konnten diese jedoch beigelegt werden und man entschloss sich, den Deutschen eSport Bund (ESB) zu gründen, welcher sich teilweise aus Mitgliedern der vorigen Verbände zusammenschloss und bis heute besteht. (vgl. Wondracek 2005)
Der ESB versteht sich „als die übergeordnete unabhängige Institution der eSport Community“ (ESB 2004), mit dem Zweck „Den eSport in seinen sämtlichen Arten und Genres zu fördern, die dafür übergeordneten erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, zu koordinieren und gegenüber dem Staat und der Öffentlichkeit zu vertreten“ (ESB 2004). Zu seinen übergeordneten Zielen gehört „faire und unabhängige Strukturen für alle eSportler zu schaffen und die Anerkennung des eSports als Sportart zu erreichen.“ (ESB 2004). Daraus wird deutlich, dass der ESB in dieser Funktion nicht als allgemeiner Vertreter von Computerspielern fungieren kann, da er sich auf den E‑Sport konzentriert und die E‑Sport Community lediglich einen kleinen Teil der Computerspieler ausmacht. Andererseits scheint es dennoch grundlegende Interessen zu geben, die sowohl von E‑Sportlern als auch anderen Spielertypen geteilt werden, so wie dies auch im vorigen Beispiel der Fall war.
Seit seiner Gründung hat der ESB versucht, entsprechende Lobbyarbeit zu betreiben. Viele dieser Unternehmungen scheinen jedoch eher im Hintergrund abgelaufen zu sein, zumindest geben die meisten Spieler an, anfangs kaum von entsprechendem Engagement des ESB erfahren zu haben. Der Vorstandsvorsitzende des ESB, Frank Sliwka, gibt dazu in einem Interview an, dass viele Teile der Lobbyarbeit anfangs nicht nach außen an die Spieler kommuniziert wurden (vgl. Wintermantel-Menze 2006). In Zukunft wolle der ESB jedoch seine Arbeit für die Spieler transparenter gestalten, was auch geschehen ist. Seit 2006 gibt es jeden Monat neben weiteren Veröffentlichungen einen aktuellen Bericht über die Aktivitäten des ESB auf dessen Homepage. In einem weiteren Interview beschreibt Sliwka bisherige Tätigkeiten des ESB: „Der esb sucht den direkten Kontakt zu Medien, Öffentlichkeit und Politik. Auch ist der esb auf verschiedenen Veranstaltungen, wie z. B. eSports-Forum, Games Media Lounge, Quo Vadis und verschiedenen Diskussionsrunde vertreten gewesen, um die Position des esb darzulegen und den direkten Kontakt zur Öffentlichkeit zu erhalten. Genauso hat der esb Kontakt zu den verschiedenen Verbänden, Parteien und Institutionen aufgenommen.“ (ESB 2006a, S. 68). Dementsprechend ist nachvollziehbar, dass derartige Arbeit für die Spieler nicht immer sofort ersichtlich ist. Jedoch hat der ESB auch mit verschiedenen öffentlichen Stellungnahmen auf sich aufmerksam gemacht. So hat er bspw. zu dem Fernsehbeitrag des Magazins „Frontal21“ „Gewalt ohne Grenzen – Brutale Computerspiele im Kinderzimmer“ vom 26. April 2005, zwei Tage nach der Ausstrahlung, ausführlich Stellung bezogen. In der Pressemeldung heißt es: „Der Bericht von Frontal21 diffamiert einen großen Teil der Computerspieler und hilft nicht, die Allgemeinheit objektiv zu informieren. Wichtig ist dem esb, dass eine objektive Berichterstattung und Aufklärung stattfindet und keine Feindbilder geschaffen werden.“ (ESB 2005a, S. 2). Des Weiteren wünscht sich der ESB „im Namen seiner Mitglieder mehr Dialogbereitschaft der ZDF-Sendung 'Frontal21'“ (ESB 2005a, S. 1). Damit decken sich die Forderungen des ESB recht genau mit den Forderungen in den zahlreichen Spielerprotesten zu entsprechenden Medienberichten (s. Kap. 3.2.1). Dies wird auch in den Reaktionen der Spieler auf die Stellungnahme des ESB deutlich:
„Ich bin wirklich SEHR erfreut das sich der esb damit auseinander setzt! Richtig so.“ (`TeCpe4ce 2005).
„Sehr guter Text, Danke esb!“ ([]FearFactor 2005).
„ich kann dem beitrag des ESB nur zustimmen“ (maverrick 2005).
Interessant ist dabei auch, dass sich hierbei die Interessen des ESB nicht nur mit denen der E‑Sportler decken, sondern vermutlich mit den Interessen eines sehr großen Teils aller Computerspieler.
Andererseits ist anzumerken, dass die Pressemeldung anscheinend nur von meist szeneinternen Internetportalen/-berichterstattern aufgegriffen wurde, zumindest lassen dies die vom ESB ausgewählten Pressereaktionen vermuten (vgl. ESB 2006a, S. 26-33). Damit stellt sich die Frage, inwieweit sich der ESB in der öffentlichen Wahrnehmung auch außerhalb der Szene platzieren kann. Dazu muss jedoch auch erwähnt werden, dass der ESB erst vor ca. 2 Jahren gegründet wurde und sich entsprechend noch im Aufbau befindet. Die erwähnte Stellungnahme wurde bereits ca. 4 Monate nach der Verbandsgründung veröffentlicht, insofern ist eine verhaltene Pressereaktion vielleicht auch verständlich. Trotzdem wird natürlich die Präsenz in der breiten Öffentlichkeit für einen möglichen Interessensvertreter von Computerspielern in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen, wenn er entsprechend gehört werden soll.
Der ESB sucht ebenfalls den direkten Dialog an verschiedenen Stellen. Laut Sliwka stehe der ESB bspw. nun in engem Kontakt mit der Redaktion des erwähnten Fernsehbeitrages, dabei gäbe es einen sehr konstruktiven Dialog (vgl. ESB 2006a, S. 67). Auch als 2005 der bereits in Kap. 2 erwähnte Koalitionsvertrag beschlossen wurde, welcher unter anderem eine Verschärfung des Jugendschutzes und ein Verbot von „Killerspielen“ zum Thema hat, reagierte der ESB ebenfalls mit einer Pressemeldung. In dieser heißt es, der ESB begrüße die politische Auseinandersetzung mit dem Thema und unterstütze Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, fordere aber gleichzeitig eine Stärkung der Medienkompetenz von Eltern und Pädagogen. Dies zähle zu den wichtigsten Aufgaben der Gesellschaft, da Kinder und Jugendliche heute unweigerlich mit Massenmedien, und damit auch Computerspielen, in Berührung kommen würden, dabei jedoch allzu oft mit ihrem Medienkonsum alleine gelassen würden. Weiter heißt es: „Der esb bietet zur Klärung von Genre- und Wirkungsfragen an, mit den entsprechenden politischen Gremien in den Dialog zu treten und darüber hinaus aktiv den Aufbau von Maßnahmen zur Erhöhung der Medienkompetenz der Eltern, Pädagogen und Jugendlichen zu unterstützen.“ (ESB 2006a, S. 43). Der ESB bietet sich also hierbei der Politik als Experte an, um in einem Dialog eine differenziertere Betrachtung von Computerspielen zu erarbeiten und entsprechende Maßnahmen zur Medienkompetenzförderung zu ergreifen. Ebenso wird in der Meldung noch auf den sportlichen Wettkampf im Bereich der Computerspiele verwiesen, welcher weltweit an Anerkennung gewinne. Inwieweit solche Meldungen von der Politik wahrgenommen werden, ist schwer zu sagen. Jedoch versucht der ESB auch hier direkte Kontakte herzustellen, angeblich habe man in den verschiedenen Parteien auch schon Ansprechpartner (vgl. ESB 2007, S. 1).
Die Pressemeldung zeigt, dass der ESB, trotz seiner grundsätzlichen Konzentration auf den E‑Sport, zunächst einmal auch daran arbeiten muss, die generelle Anerkennung von Computerspielen und -spielern in der Gesellschaft zu stärken, um überhaupt eine Akzeptanzbasis für den E‑Sport schaffen zu können. Dies deckt sich wiederum nicht nur mit den Interessen der E‑Sportler, sondern auch mit denen vieler anderer Computerspieler, da zunächst einmal grundsätzliche Interessen der Computerspieler vertreten werden. Auch der Ansatz, Maßnahmen zur allgemeinen Medienkompetenzförderung zu ergreifen, scheint im Sinne einiger Spieler zu sein, wie dies ebenfalls in Kap. 3.2.1 ersichtlich wurde. Durch das Angebot des ESB, der Politik beratend zur Seite zu stehen, bzw. in einem Dialog Lösungen zu erarbeiten, könnte vielleicht auch das von Spielern beklagte Defizit in Sachen Medienkompetenz bei einigen Politikern angegangen werden.
Dass der ESB unter den Spielern zunehmend an Akzeptanz gewinnt, verdeutlichen auch die stetig steigenden Mitgliederzahlen, wobei die Mitgliedschaft aktuell kostenlos ist. Anfang 2007 verzeichnete der ESB bereits über 40.000 Mitglieder (vgl. ESB 2007, S. 1). Zur Verdeutlichung dieser Zahl soll ein kurzer Vergleich mit den „traditionellen“ Sportverbünden dienen. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) verzeichnet unter seinen Mitgliedern insgesamt 60 Spitzenverbände, die von ihrer Funktion her mit dem ESB vergleichbar sind. In der Rangliste dieser 60 Spitzenverbände würde sich der ESB, geordnet nach den Mitgliederzahlen laut Bestandserhebung 2006, auf Platz 39 einordnen (vgl. DOSB 2006, S. 11). Das heißt, der ESB lässt bereits 20 Sportverbände, welche meist auf ein jahrzehntelanges Bestehen zurückblicken, innerhalb von nur 2 Jahren im Bereich der Mitgliederzahl hinter sich. Dies kann als überaus enorme Entwicklung bezeichnet werden. Ein erklärtes Ziel des ESB ist es übrigens, ebenfalls als Mitglied in den DOSB aufgenommen zu werden und damit für den E‑Sport in Deutschland eine ähnliche Anerkennung zu erreichen, wie dies bereits in anderen Ländern der Fall ist. „In Bulgarien, Südkorea und China wird eSport bereits als Sportart offiziell anerkannt und gefördert.“ (ESB 2006b, S. 1). Zudem ist weiterhin mit einem starken Zuwachs der Mitgliedszahlen zu rechnen, betrachtet man bspw. die über 640.000 registrierten Nutzer in der Electronic Sports League (ESL), der größten E‑Sports Liga in Europa, welche vor ca. 6 Jahren in Deutschland gegründet wurde (vgl. ESL 2007). Die überwiegende Mehrheit der Ligateilnehmer stammt aus Deutschland und aktuell steigt die Anzahl der Registrierungen konstant um ca. 10.000 neue Teilnehmer pro Monat (s. Abbildung 18). Dies ist auch ein Indiz dafür, dass E‑Sport und Computerspiele allgemein, in Zukunft erheblich an Bedeutung zunehmen werden. Entsprechend wichtig wird eine organisierte Vertretung der Spieler sein, wenn sie ihre Interessen in der Gesellschaft wirksam vorbringen wollen.
Abbildung 18: Registrierte Nutzer der ESL (ESL 2007)
Ebenfalls interessant ist, dass die sich überschlagenden Reaktionen aus den Medien und der Politik nach den Ereignissen in Emsdetten, zu einer gemeinsamen Pressemitteilung geführt haben, die unter solidarischem Zusammenschluss des ESB gemeinsam mit verschiedenen E‑Sport und Community Organisationen entstanden ist, und dies obwohl einige dieser Organisationen sonst in Konkurrenz zueinander stehen. In der Pressemitteilung sprechen diese Organisationen im Namen der „Gemeinschaft der deutschen Computerspieler“ (ESB 2006b, S. 1) und bezeichnen sich als Sprachrohr der deutschen Spieler:
„Die Spieler sind bereit, eine offene, ehrliche und konstruktive Diskussion über den Umgang mit Computerspielen zu führen. Daher fordern gemeinsam mit dem ESB die deutschen eSport-Organisationen World Cyber Games, Freaks4U, GIGA, mTw, Netzstatt Gaming League, Electronic Sports League und readmore die Politik auf, nicht weiter unreflektiert die Computer- und Videospiele sowie die Spieler als Sündenbock für eine verfehlte Sozial-, Familien- und Jugendpolitik heranzuziehen. Auch unterstützen die genannten Vertreter des deutschen eSports die Klärung von Genre- und Wirkungsfragen und bieten an, mit den entsprechenden politischen und wissenschaftlichen Gremien in den Dialog zu treten. Gleichzeitig fordert der ESB endlich politische Rahmenbedingungen zur Erhöhung der Medienkompetenz von Eltern, Pädagogen und Jugendlichen.“ (ESB 2006b, S. 1). Die genannten Organisationen bezeichnen sich darüber hinaus als Vertreter der Interessen von über einer Million deutscher E‑Sportler.
Die Formulierung lässt dabei Unklarheiten offen, so ist von deutschen Computerspielern, aber auch von deutschen E‑Sportlern die Rede, was jedoch nicht ein und dasselbe darstellt. Somit wird nicht ganz klar, in wessen Namen hier nun gesprochen werden soll. Der Täter von Emsdetten soll zwar Counter-Strike gespielt haben, jedoch spricht nichts dafür, dass er dies auch wettkampforientiert getan hat, oder Teil eines wettkampforientierten Clans war. Würde es demnach Sinn machen nur im Namen der E‑Sportler auf die Ereignisse in Emsdetten zu reagieren? Die öffentliche Kritik richtete sich gegen „Killerspiele“, aufgrund der vagen Definitionslage können etliche Computerspiele unter diesen Begriff fallen, auch Titel die im E‑Sport Verwendung finden. Somit könnten E‑Sportler, als Teil der Computerspieler, die davon betroffen sind, speziell für ihre Interessen eintreten. Andererseits sind die im Pressetext angeführten Interessen derart elementar, dass sie von jedem Computerspieler angeführt werden könnten.
Es stellt sich die Frage, wen der ESB, oder auch die genannten Organisationen, vertreten wollen. Der ESB betont immer wieder, dass er sich für die Interessen der E‑Sportler einsetzen will. Die aktuelle Debatte benötigt jedoch zunächst eine allgemeine Auseinandersetzung mit dem Thema Computerspiele. Wie in diesem und anderen Beispielen deutlich wird setzt der ESB deshalb auch genau an diesem Punkt an. Jedoch verleitet dies dazu, wie die Pressemeldung zeigt, im Namen aller Spieler zu sprechen. Es kann davon ausgegangen werden, dass jedes Mitglied des ESB sich auch von diesem vertreten lassen will. Jedoch besitzt der ESB an sich keinerlei Legitimation, auch für andere Spieler, vor allem Spieler ohne E‑Sport-Interesse, zu sprechen. Da der ESB aber in diesem speziellen Fall elementare Interessen vieler Computerspieler anspricht, scheinen auch Spieler ohne E‑Sportinteressen froh über eine solche Stellungnahme in der Öffentlichkeit zu sein, auch in ihrem Namen.
Die Folgenden Spielermeinungen entstammen Kommentaren zur zuletzt genannten Pressemeldung, welche hier in einem Newsbeitrag auf einer Counter-Strike-Community Seite veröffentlicht wurde. Dabei ist davon auszugehen, dass dort sowohl Spieler mit als auch ohne E‑Sportinteresse verkehren, da sich die Seite generell an alle Counter-Strike-Spieler richtet.
„finde den Artikel auch sehr gut geschrieben und Spiegelt genau das wieder was auch ich denke.“ (Flying-Neo 2006).
„endlich wird mal klarheit und stellungnahme von beteiligten soielern und ähnlichen gemacht DAS FIND ICH RICHTIG UND SCHLIEß MICH DEM VOLL AN!!!“ (lammermann 2006).
„Immerhin gibts ein paar interessenvertretungen wie den esb, die wenigstens versuchen öffentlich dem ganzen entgegenzutreten.“ (Kaniff 2006).
„also ich persönlich fühle mich mit diesem schreiben sehr gut unterstützt, die vertrehten meine meinung echt gut!“ (ProLuckerDeluxe 2006).
Die Spieler scheinen sich also mit der Stellungnahme identifizieren zu können und sind froh, dass ihre Interessen in der Öffentlichkeit vertreten werden. Dabei scheint die Interessensvertretung im Vordergrund zu stehen und nicht unbedingt die Frage durch welche Institution dies geschieht.
Des Weiteren spricht sich ein Spieler für eine effektivere Interessensvertretung aus: „mal ne *dumme* frage : wieso starten unsere sogenannten *vertreter* [...] nicht mal ne fernseh kapagne ? ein paar werbe spots wo wirklich gezeigt wird was eSport und auch die sogenannten Killerspiele überhaupt sind ? was bringt das im netz presse erklärungen zu bringen die ausser uns ( spielern ) doch soweiso kein mensch liest ? der eSport will *aufklären* ? dann sollen die das im fernseh machen ( so wie unsere politiker usw ) damit erreicht mann viel mehr . die menschen glauben nunmal das was sie im fernseh sehen .“ (Salzstange 2006a).
Ein anderer Spieler antwortet darauf: „wer soll das bezahlen.. wer hat soviel geld?“ (Nachtfuchs 2006).
Darauf antwortet wiederum der Spieler „Salzstange“: „wer das bezahlen soll ? hmm... die spieleindustrie ? die spielemagazine ? die clans die geld verdienen mit eSports ? die verbände die unsere *intressen* vertreten ? [Aufzählung der oben genannten Organisationen] da haben wir doch schon genung geld zusammen... und ansonsten muss dann eben auch mal die comunity sich beteiligen .“ (Salzstange 2006b).
Der Spieler hält hier die Pressemeldung des ESB und der weiter genannten Organisationen anscheinend für nicht wirkungsvoll genug, was vereinzelt auch an anderen Stellen von Spielern gegenüber den Pressemitteilungen des ESB geäußert wurde. Dabei sei aber noch mal betont, dass etliche Spieler kaum über die im Hintergrund laufenden Aktionen des ESB informiert sind. Die Forderung des Spielers zielt jedoch auch darauf ab, in die breitere Öffentlichkeit zu treten und „Aufklärung“ zu betreiben, selbst wenn sich die einzelnen Spieler an einer Finanzierung zur Verwirklichung solcher Maßnahmen beteiligen müssten. Dabei wird wieder deutlich, dass die wichtige Bedeutung der öffentlichen Wahrnehmung eines Interessensvertreters von Computerspielern auch hier noch nicht ausreichend gegeben ist, was auch entsprechend von den Spielern wahrgenommen wird. Jedoch werden zumindest die angeführten Interessen von vielen Spielern geteilt.
Es ist vielleicht noch anzumerken, dass die meisten Kommentare zum entsprechenden Newsbeitrag wieder auf die allgemeine Diskussion über Computerspiele eingehen, ohne speziell das Engagement des ESB oder das der anderen Organisationen zu beurteilen. Unter den wenigen Kommentaren die auf die Pressemitteilung selbst eingehen, war jedoch kein Kommentar zu finden, der sich negativ über das Engagement der so genannten Vertreter äußerte oder der die Interessensvertretung nicht akzeptierte.
Trotzdem muss darauf hingewiesen werden, dass der ESB in der Vergangenheit auch vereinzelt von manchen Spielern an verschiedenen Stellen kritisiert wurde. In einem Online-Artikel eines jungen Spielemagazins äußert sich der Autor über den E‑Sport und die verpassten Chancen, diesen wirkungsvoll zu organisieren. Dem ESB wird dabei fehlende Stärke und Durchsetzungsvermögen vorgeworfen, sowie sich nicht genug für den Aufbau einer benötigten Struktur und Organisation der Szene zu engagieren (vgl. Lorenzen 2006). Des Weiteren wurde ein Kommentar gefunden, in dem sich ein Spieler durch geplante Maßnahmen des ESB anscheinend bevormundet gefühlt hat (vgl. Kosta 2006). An anderer Stelle wird kritisiert das sich der ESB in seiner Pressemeldung als Reaktion auf den bereits angesprochenen Koalitionsvertrag (vgl. ESB 2005b), nicht explizit gegen den Begriff „Killerspiele“ ausspricht und die geforderte Medienkompetenzförderung zu kurz greifen würde (vgl. Wintermantel-Menze 2005). Im selben Kontext wird dem ESB von Spielern noch Eigeninteresse und Unfähigkeit vorgeworfen. Außerdem würden die Interessen des ESB fadenscheinig wirken, da er von kommerziellen Firmen gesponsert werde. Gerade ein kommerzielles Interesse wurde dem ESB von Kritikern wohl am häufigsten vorgeworfen, dies wird häufig auch damit begründet, dass die Vorstandsmitglieder des ESB ebenfalls in verschiedenen Firmen tätig sind, welche von einer erfolgreichen Entwicklung des E‑Sports profitieren könnten. Dabei hat der ESB jedoch immer wieder betont, keine kommerziellen Interessen zu verfolgen. Sliwka sagt in einem Interview dazu: „Der esb ist nicht auf finanzielle Gewinnerzielung aus. Dies ergibt sich alleine schon aus der Vorschriften der Satzung und den dort beschriebenen Aufgaben.“ (Wintermantel-Menze 2006).
Insgesamt betrachtet ist jedoch eher selten Kritik über den ESB zu finden, die Zusprüche scheinen dagegen um ein Vielfaches zu überwiegen. Zudem finden sich die meisten der wenigen kritischen Stimmen eher in der Anfangszeit des ESB.
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Weitere Institutionen als mögliche Interessensvertreter
Neben den genannten Institutionen gibt es weitere, die in der öffentlichen Diskussion um Computerspiele ebenfalls Stellung bezogen haben und im Rahmen einer Interessensvertretung von Computerspielern einmal näher betrachtet werden sollten. So stimmen bspw. etliche Spieler den Ausführungen der USK zu, die nach den Ereignissen in Emsdetten und der neu aufgekeimten Diskussion um „Killerspiele“ ebenfalls eine Pressemitteilung veröffentlichte. In dieser verteidigt sich die USK zunächst gegen die Anschuldigungen, vor allem aus den Reihen der Politik, angeblich willkürlich zu handeln. Begründet wird dies damit, dass seit der Reformierung und Verstärkung des Jugendschutzgesetzes nach den Ereignissen in Erfurt, die Alterskennzeichnung den Obersten Landesjugendbehörden (OLJB) unterstellt wurde, womit die Alterskennzeichnung durch den Ständigen Vertreter der OLJB erteilt werden und zudem der überwiegende Teil der Gutachter von den OLJB benannt werden. Außerdem könne die BPjM nicht gekennzeichnete Computerspiele jederzeit indizieren. Es wird ebenfalls darauf verwiesen, dass Deutschland im europäischen Vergleich den strengsten Jugendschutz aufweist. Darüber hinaus sei die Herstellung und Verbreitung gewaltverherrlichender „Killerspiele“ bereits durch §131 StGB Das Strafgesetzbuch (StGB) kann in seiner geltenden Fassung u. a. online hier eingesehen werden

unter Strafe gestellt. Anschließend wird verdeutlicht, dass die Arbeitsweise der USK, die sich auf die Zusammenarbeit staatlicher und nichtstaatlicher Kräfte stützt, mit denen der BPjM und der FSK vergleichbar wäre. Weiter heißt es: „Die USK fordert die Beachtung ihrer Alterskennzeichen am Ort des Verkaufs: im Handel. Sie wirbt für die Beachtung der Alterskennzeichen am Ort der Nutzung: im Kinderzimmer. Dazu braucht sie Unterstützung und Verbündete: in der Familie wie in der Schule und in den Medien. Wir finden es daher bedauerlich, dass die Tragödie an der Geschwister-Scholl-Schule von Einzelnen eilig instrumentalisiert werden soll, um das in Deutschland etablierte und gesetzlich geregelte Freigabeverfahren für Computer- und Videospiele in Frage zu stellen.“ (GameStar 2006). Ein Großteil der Computerspieler scheint die Argumentationsweise der USK zu teilen, wie ein Vergleich mit den in Kap. 3.2.1 beschriebenen Spielerbeiträgen verdeutlicht. So scheinen in der Gesamtbetrachtung die meisten Spieler das Alterskennzeichnungsverfahren und die Gesetzeslage ebenso als sinnvoll und meist auch ausreichend zu bewerten, wenn es entsprechend beachtet werden würde. Im Besonderen sehen die Spieler aber ebenfalls die Verantwortung von Händlern, Familie, Schule und Medien gefordert. Dementsprechend findet die Pressemitteilung der USK in den zugehörigen Kommentaren der Spieler auch ihre Zustimmung, wobei jedoch auch hier befürchtet wird, dass derartige Stellungnahmen in der Öffentlichkeit nicht genügend Beachtung finden:
„Die USK tut ihren Job, wo ist der Fehler den Eltern zu raten auf ihre Kinder zu achten und nicht TV, Computer und Spielen die Erziehung zu überlassen?“ (UzeroK 2006).
„Ich finde es schon beachtlich, wie sich nun alle beteiligten Organisationen etc. zu Wort melden. Nur: wer liest das denn alles? Nur die Internet-User, die sowieso besser über die Materie bescheid wissen oder wird das auch in Zeitungen abgedruckt?“ (/dev/null 2006).
„Es ist nun mal leider so das in unserer Gesellschaft ein Schnellschuss der Medien länger im Gedächtnis bleibt wie alles an Entschuldigungen und Rechtfertigungen was dann so hinterher kommt. Ich würde es trotzdem für sinnvoll halten wenn diese Stellungnahme der USK mal von der Bildzeitung usw. veröffentlicht würde dann würde das auch mal einer beachten […] Das einzige was etwas bringen würde wäre wenn endlich mal die bestehenden Regelungen auch eingehalten würden und Spiele die eine Altersfreigabe erfordern an zu junge Kinder und zu junge Kinder mit Eltern dabei nicht verkauft bzw. die Eltern mal dauf hingewiesen würden was sie denn da tun, denn die meißten die jetzt am lautesten schreien haben ihren Kindern die Killerspiele selbst gekauft ohne zu wissen was sie da tun.“ (Hell666 2006).
Im Folgenden noch einige weitere Spielermeinungen über die USK an anderer Stelle:
„Wenn sie meinen die USK wäre nicht steng genug sollten sie mal einen Blick auf unsere Nachbarländer werfen... Oder wie kann es sein dass in Deutschland ein Spiel zensiert und ab 18 eingestuft wird und ich das gleiche Spiel zB in Belgien ab 12 kriege und sogar unzensiert?! Die USK macht ihren Job meiner Meinung nach gut (bei manchen Spielen ein wenig streng finde ich). Das einzige Problem ist halt wieder nur die Umsetzung an der Ladentheke...“ (Dispater_87 2006).
„Und ich vertrate weiterhin den Standpunkt, dass die USK vollkommen ausreicht. Es besteht bereits eine Prüfung von Spielen, mit darauffolgender Altersbeschränkung und/oder Verkaufsverbot an Minderjährige. Dies durchzusetzen liegt bei den Eltern.“ (nyarrr 2006).
Innerhalb der Untersuchung konnten hier sogar noch weniger bzw. fast überhaupt keine negativen Meinungen von Computerspielern über die USK gefunden werden. Die vermehrte Kritik an Computerspielen  bzw. -spielern in den letzten Jahren scheint aber auch so etwas wie eine Art Gemeinschaftsgefühl hervorzurufen. Dieses wird vor allem unter Spielern deutlich, aber etwas weiter gefasst werden auch andere, welche dabei in Kritik geraten sind, oder welche die Kritik an Computerspielen für unsachgemäß halten, in dieser Gemeinschaft durch die Spieler teilweise dazu gezählt. Die äußerst seltenen kritischen Beiträge von Spielern über die USK halten meist die Alterskennzeichnung für zu streng, andererseits gibt es wiederum Beiträge, welche die Kennzeichnungen für zu locker bewerten, oder es wird je nach Fall unterschiedlich beurteilt. Ansonsten wurden höchstens noch vereinzelt Meinungen gefunden, welche die Arbeit der USK als sinnlos erachten, da die meisten sowieso an jedes Spiel kommen würden, wenn sie dies wollten. Indirekt spricht dies allerdings wieder für die Argumente der USK und vieler Spieler, dass die Einhaltung der Altersangaben wiederum in der Verantwortung von Händlern und Eltern liege.
Auch der Bundesverband der Entwickler von Computerspielen - G.A.M.E. e.V. (Games, Art, Media, Entertainment) hat sich nach den heftigen Reaktionen auf den Vorfall in Emsdetten mit einer Pressemitteilung zu Wort gemeldet. Dabei sind teilweise sehr deutliche Parallelen zwischen den Äußerungen des Verbandes und einigen Spieleraussagen zu erkennen. So wird in der Meldung bspw. kritisiert, dass medial nur die Symptome in den Vordergrund gestellt werden würden, die Frage nach den eigentlichen Ursachen würde jedoch unter den Tisch fallen: „Wie kommt ein 18-jähriger an Waffen, Munition und Sprengstoff? Wie kann es sein, dass er von seinem sozialen Umfeld so im Stich gelassen wurde? Wie kann es sein, dass er seit über drei Jahren in verschiedenster Form im Internet, im Freundeskreis, in der Schule und sogar bei professionellen, psychologischen Diensten auffällig geworden ist und um Hilfe bat, ohne dass darauf entsprechend reagiert wurde?“ (G.A.M.E. 2006).
Einige Spieler haben sich sehr ähnlich dazu geäußert:
„1. Warum, warum, warum kann im Jahr 2006 in Deutschland, irgendwer mit einer Schusswaffe rumlaufen? 2. Warum hat er Munition zu hause? 3. Woher stammt das Zubehör für die Sprengsätze? 4. Wieso???? Wieso können ELTERN SOETWAS NICHT MERKEN?“ ([PFC]Peternaut 2006). Auch zu den anderen Stichpunkten finden sich ähnliche Spielermeinungen.
G.A.M.E. Vertritt über 40 Unternehmen im deutschsprachigen Raum, die an der Produktion von Computerspielen beteiligt sind. Wie verdeutlicht wurde, sprechen sich sowohl Spieler als auch Entwickler gegen eine voreilige Kritik an Computerspielen aus, teils sogar mit exakt denselben Argumenten. Allerdings handelt es sich hierbei auch um eine besondere Situation und es stellt sich die Frage, inwieweit sich die Interessen noch überschneiden wenn es um andere Fragen geht, wie z.B. bei der weiter oben erwähnten Diskussion über Kopierschutzmaßnahmen.
Ähnlich verhält es sich mit dem Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V. (BIU). Dieser vertritt vor allem internationale Computerspielproduzenten in Deutschland. Betrachtet man die deklarierten Ziele sowohl von G.A.M.E. als auch BIU so stößt man u. a. auf folgende Punkte: „Kommunikation über Computer- und Videospiele mit der Öffentlichkeit [...] Maßnahmenentwicklung zur Förderung von Medienkompetenz sowie des Kinder- und Jugendschutzes“ (BIU 2007c), sowie: „Förderung des Ansehens von Computerspielen in Deutschland“ (G.A.M.E. 2007). Diese Ziele lassen sich wohl mit den Interessen vieler deutscher Spieler im Moment vereinbaren. Der schon häufiger von verschiedenen Spielern vorgebrachte Vorschlag, die Interessensvertretung verschiedenster Organisationen zu bündeln, könnte zumindest bei solch grundlegenden Interessen durchaus Sinn machen. In diesem Zusammenhang ist es sicher auch interessant, dass der ESB mit USK, G.A.M.E. und BIU bereits eine Partnerschaft eingegangen ist. Damit erweist sich der ESB mit seinen Bemühungen auch als interessante Schnittstelle zwischen szeneinternen und -externen Organisationen.
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Interessenverband professioneller Teams
Ein weiterer Interessenverband, der sich gebildet hat, nennt sich G7 und wurde im April 2006 von sieben der weltweit einflussreichsten und erfolgreichsten E‑Sport Teams gegründet, mittlerweile ist die Mitgliederzahl auf zehn Teams angewachsen. Als Ziel wird genannt, den E‑Sport im Allgemeinen zu fördern und die Interessen der Mitglieder zu schützen. Dazu gehöre auch stabile und professionelle Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, was in engem Kontakt mit E‑Sport Veranstaltern und sonstigen E‑Sport Institutionen geschehen soll (vgl. G7 2007). Die sieben Gründungsmitglieder stammen aus ca. sechs verschiedenen Ländern, wobei einige Teams bereits derart internationale Strukturen besitzen, dass es schwierig ist, diese einem bestimmten Land zuzuordnen. Mit den drei dazu gestoßenen Mitgliedern sind zwei weitere Länder hinzugekommen. Dieser noch recht junge Verband hat bis heute, ein Jahr nach seiner Gründung, noch keine nennenswerten Maßnahmen vollzogen und kann somit nur anhand seiner geplanten Vorhaben als Interessensvertreter beurteilt werden. Durch den besonderen Fokus auf den E‑Sport kann zunächst nicht von einer generellen Vertretung aller Spielertypen ausgegangen werden. Wie allerdings bereits festgestellt wurde, fokussieren sich die langfristigen Ziele des ESB ebenfalls auf den E‑Sport, verschiedene Maßnahmen des ESB hatten aber bisher durchaus ebenfalls Vertretungscharakter für sämtliche Spielertypen. Aber selbst unter Spielern, die Interesse für den E‑Sport  zeigen, wurde die Gründung der G7 zwiespältig aufgenommen. Die Kommentare auf den Seiten eines reinen E‑Sport-Onlineberichterstatters verdeutlichen dies, wobei davon auszugehen ist, dass sich auf diesen Seiten fast ausschließlich E‑Sport-Interessierte bewegen. Einige sahen in der Gründung der G7 einen Fortschritt in der internationalen Organisierung und Vertretung des E‑Sports, andere warfen dagegen den teilnehmenden Teams Eigeninteresse und Machtausbau vor. Besonders kritisch wurde auch die Art der Gründung betrachtet, die sich für einige Spieler als sehr willkürlich darstellte und teilweise sogar als Ausgrenzung anderer, namhafter Teams oder gar Länder angesehen wurde.
„finds was seltsam das die asiatischen teams komplett aussen vor sind, auch wenn der esport in china und korea schon viel weiter ist als hier sollte man die berücksichtigen um sich neue möglichkeiten zu eröffnen.“ (side 2006).
 „Das ganze hat nichts mit Ausgeglichenheit zu tun oder wer das besste cs team hat ! in dem Managment der Clans sitzen die warscheinlich fähigsten leute der esport szene und diese sollen dafür sorgen das alles glatt geht ob verträge, gehälter oder Turnire nach einem Standart. Ich denke das diese 7 Teams genau die Richtigen für diesen job alleine schon wegen der langen zugehörigkeit zum esport.“ (eLo | .hyRe 2006).
 „es ist vollkommen klar dass eine organisation wie diese viel gutes mitbringen kann, aber hier fehlt mir eindeutig die begründung dafür warum genau DIESE teams in dieser gruppierung sitzen und nicht andere, wie zb meetyourmakers [ein weiteres E‑Sport Team] o.ä.. es sieht wiedereinmal verdammt stark nach reiner willkür aus...“ (f4nbOy 2006).
„was mir bei der sache bissl fehlt is der bezug zur community? ich mein zB wird sich dieser ach so tolle rat doch sicher eher für invite only, als für qualifikationsturniere einsetzen.... da sind einfach keine normalen spieler interessen vertreten...“ (mR.MaLicE 2006).
„Ansonsten ein Schritt in die richtige Richtung.. gibts da dann auch immer GIPFEL Treffen? Hoffe man merkt was davon, vom ESB merk ich nicht viel.“ (eagle-one 2006).
Im Januar 2007 haben sich Vertreter der G7 in Köln erstmals zu einem persönlichen Meeting getroffen, dabei wurden u. a. zukünftige Ziele näher konkretisiert. Ein Redakteur desselben Onlineberichterstatters wie zuvor erwähnt, hat im Rahmen der Tagung mit den Beteiligten gesprochen und dies in einem entsprechenden Artikel festgehalten. Darin steht, dass sich die Ziele der G7 seit der Gründung nicht großartig verändert hätten, man wolle sich in den verschiedenen Teilen des E‑Sports einbringen und so zu einer Professionalisierung beitragen. Geplant sei bspw. an Turnierveranstalter heran zu treten um die organisatorischen Verhältnisse solcher Veranstaltungen besonders für die Spieler zu verbessern. Außerdem sollen Turniere zukünftig nach bestimmten Kriterien, die für Spieler wichtig seien, öffentlich bewertet werden. Des Weiteren seien Muster für standardisierte Spielerverträge geplant, welche vor allem kleineren Teams als Hilfe dienen sollen. Außerdem möchte man eine weltweite und von Veranstaltern unabhängige Rangliste für E‑Sport Teams und Spieler entwickeln. Um den E‑Sport allgemein voran zu treiben werde auch darüber nachgedacht, wie dieser im massentauglichen Fernsehen eingebracht werden könnte. (vgl. Ohls 2007a & 2007b)
Auch an den Spielermeinungen scheint sich nach diesem Artikel nicht vieles geändert zu haben, so gab es sowohl positive als auch negative Kommentare, viele wollten abwarten und sehen was die G7 wirklich umsetzen. Von der anfänglichen Kritik, dass bestimmte Länder bzw. Teams nicht zu den Mitgliedern zählen, ist allerdings nichts mehr zu lesen. Dies liegt wohl daran, dass nun auch ein Team aus China und zwei weitere, in der Kritik häufig genannte Teams, zu den Mitgliedern der G7 zählen. Im Folgenden noch einige Kommentare zum genannten Artikel:
„Die Organisation G7 schafft sicherlich Hoffnungen und wird es vielleicht auch schaffen den eSport voranzutreiben, jedoch sollte man auch die Gefahren nicht verkennen: Es ist ein Zusammenschluss der 'mächtigsten und besten' Teams der Welt und sie könnten diese Organisation nutzen, um ihre 'Vormachtstellung' weiter auszubauen bzw. zu erhalten. Ich weiß nicht, man sollte halt immer auch ein wenig kritische auf Projekte blicken, bei denen sich eine gewisse Macht bildet. Und es kann mir keiner erzählen, dass es Ihnen nur darum geht dem eSport generell zu helfen, es geht sicherlich auch darum eigene, egoistische Interessen durchzusetzen bzw. zu bewahren. Wir werden sehen.“(DkH.Keyweb | StaN-04- 2007).
„ich finde, dass sich das alles sehr gut anhört! vielleicht ist der E‑Sport in 2 jahren insgesamt deutlich professioneller, nicht nur die großen, sondern auch die ambitionierten kleineren clans! wäre alles ein riesen fortschritt für uns alle, so profitieren wir ja auch von besseren zuschauern.“ (AEQUITAS 2007).
Die G7 wird von den Spielern ebenfalls mit den G8-Staaten aus der Politik und den G14, ein Zusammenschluss europäischer Spitzenfußballvereine, verglichen. Dabei kommen die Spieler aber zu keinen neuen Schlüssen und es herrscht weiterhin eine geteilte Meinung. Die eher verhaltene Resonanz zu den G7 von Spielern auf allgemeinen Spieleportalen lässt vermuten, dass sich Spieler, welche sich nicht für den E‑Sport interessieren auch weniger Interesse für die G7 zeigen. Die wenigen Kommentare die gefunden wurden ähneln aber den bisher genannten Kommentaren.
Damit sind aktuell existierende Interessensvertretungen von Computerspielern in Deutschland weitestgehend abgehandelt. Es gibt daneben noch einzelne Projekte, die sich bspw. für eine Medienkompetenzförderung speziell im Computerspielebereich einsetzen, wie z.B. www.gameparents.de. Dieses Projekt wird von Eltern betrieben, die selbst Computerspiele spielen, und die sich damit hauptsächlich an verunsicherte Eltern von Computerspielern richten, wobei ebenfalls versucht wird, Vorurteile abzubauen. An anderer Stelle hat der Verein Medialog e. V. eine Initiative gegründet, die sich explizit gegen ein Verbot von „Killerspielen“ ausspricht (www.killerspieleverbieten.de). Auch von Seiten der Spieler werden immer wieder einzelne Projekte gestartet, mit dem Versuch bestimmte Spielermeinungen nach außen zu kommunizieren (z.B.: www.killerspielspieler.org, s. a. Kap. 3.2.1). Die verschiedenen Projekte treffen teilweise die hier geschilderten Interessen der Computerspieler häufig recht gut, außerhalb der Spielergemeinschaft werden aber auch diese bisher praktisch kaum wahrgenommen. Ebenso eigenen sich solche Projekte als Interessensvertreter meist nur  vorübergehend, weshalb hier auch nicht weiter darauf eingegangen werden soll. Im nächsten Kapitel folgt nun eine Zusammenfassung der einzelnen Ergebnisse.
weiterlesen: 4 Zusammenfassung
2007 von Oliver Klopfertop
Computerspiele im moralischen Urteil ihrer NutzerHomeImpressumKontakt
Vorwort Kurzfassung Inhalt Abbildungen Abkürzungen 1 Einleitung 2 Computerspiele und ihre Nutzer 3 Empirische Untersuchung 4 Zusammenfassung 5 Fazit und Ausblick Anhang A: Counter-Strike Anhang B: BPJS Entscheidung Quellenverzeichnis Danksagung