3.2.1 Computerspieler über moralische Aspekte in Bezug auf Computerspiele
Zunächst einmal gilt es die Frage zu klären, ob sich Computerspieler überhaupt moralisch in Bezug auf Computerspiele äußern und ob dabei eine gewisse Reflexion stattfindet. Die Untersuchung hat hierbei gezeigt, dass sich viele Computerspieler durchaus darüber Gedanken machen, wie sie selbst und ihr Hobby von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, und dass sie dies auch entsprechend äußern. Dies geschieht zwar hauptsächlich innerhalb der Spielercommunity, viele scheinen sich aber zu wünschen, dass ihre Meinung auch in einer breiteren Öffentlichkeit gehört wird, was sich auch in verschiedenen Versuchen äußert dies zu realisieren. Man kann also nicht sagen, dass Computerspieler insgesamt eine Gemeinschaft darstellen, die sich dem Rest der Gesellschaft komplett entziehen will und sich nicht darum kümmert, wie sie von außen beurteilt wird. Sicher gibt es auch vereinzelt Äußerungen von Spielern, die eine solche Einstellung vermuten lassen, jedoch schon allein der Umstand, dass eine derartige Meinung anderen unterbreitet wird zeigt, dass sich diese Person mit dem Thema auseinandergesetzt hat und sich auch mitteilen möchte. Somit kann auch hier nicht von einer vollkommenen Gleichgültigkeit ausgegangen werden. Anders verhält es sich natürlich mit möglichen Fällen auf die dies wirklich zutrifft und dementsprechend auch an keiner Stelle eine solche Meinungsäußerung zu finden ist. Im Gegensatz dazu steht jedoch eine Fülle an Meinungsäußerungen seitens der Spieler, welche zeitweise exorbitante Ausmaße angenommen hat. Als Beispiel lässt sich die Reaktion von Computerspielern auf die Kritik an so genannten „Killerspielen“ anführen, welche im Zuge der tragischen Ereignisse in Emsdetten neu entfacht wurde. Am Morgen nach dem Vorfall wurde bereits in der Presse berichtet, dass aus den Reihen der Politik erneut Forderungen laut wurden „Killerspiele“ zu verbieten (vgl. Neuerer 2006). Am selben Tag wurde im Forum von Spiegel Online von den Administratoren ein Diskussionsthema mit dem Titel: „Ihre Meinung: Killerspiele verbieten?“ eingerichtet (vgl. Spiegel Online 2006). Wie dem Forum zu entnehmen ist, wuchs die Anzahl der Diskussionsbeiträge innerhalb von 15 Stunden auf ca. 920 Beiträge an. Das entspricht mehr als einem Beitrag pro Minute. Viele der Beiträge bestehen aus mehreren Absätzen. Die Diskussion wurde nach 4591 Beiträgen zum 1. Januar 2007 geschlossen. Wie viele Beiträge davon letztendlich von Computerspielern verfasst wurden, lässt sich nicht sagen, aus etlichen Beiträgen geht jedoch hervor, dass diese von Computerspielern geschrieben wurden. Das Thema gehört somit zu den am stärksten diskutierten Themen dieses politischen Diskussionsforums. Zur Verdeutlichung ein kurzer Vergleich: das genannte Thema umfasste innerhalb der ersten 7 Tage etwa 3000 Beiträge, dagegen wurden zu dem ebenfalls rege diskutierten Thema „Neuwahlen - Wer soll Deutschland regieren?“ in derselben Zeit nur etwa 1300 Beiträge verfasst. Eines der wenigen Themen, welches das der „Killerspiele“ in den Reaktionen übertroffen hat, ist das Thema: „Ihre Meinung: Was kann den Kampf der Kulturen verhindern?“, wobei auf eine Diskussion über Mohammed-Karikaturen eingegangen wird, hier gab es innerhalb der ersten Woche etwa 5500 Beiträge.
Dies ist nur eines von vielen Beispielen für besonders zahlreiche Spielerreaktionen. Besonders nach Ereignissen wie in Erfurt oder in Emsdetten, aber auch nach sonstigen Medienberichten in Bezug auf Computerspiele, gibt es unter den Spielern häufig rege Diskussionen und Kommentare dazu, hauptsächlich auf szeneinternen Webseiten, wo davon ausgegangen werden kann, dass die große Mehrheit selbst Computerspiele spielt.
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Fairer Diskurs und Menschenwürde
Es wird also deutlich, dass sich viele Spieler aktiv an einer Diskussion beteiligen wollen. Dabei ist noch einmal hervorzuheben, dass es für Computerspieler häufig eine große Rolle spielt, wie Computerspiele und damit zusammenhängend auch sie selbst, von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Derartige Negativberichterstattungen wie zu Anfang bereits angedeutet, scheinen für viele Spieler ein ungerechtfertigtes Bild ihrer selbst in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Unter Spielern geraten vor allem einseitig recherchierte Medienberichte in die Kritik. Eine in diesem Zusammenhang auffällig häufig kritisierte Fernsehsendung ist das Magazin „Frontal21“ des ZDF, bzw. die von Rainer Fromm produzierten und in der Sendung ausgestrahlten Beiträge zum Thema Gewalt in Computerspielen. Der erste Beitrag des Magazins, der unter Spielern auf extrem zahlreiche Kritik gestoßen war, lautete „Video-Gemetzel im Kinderzimmer - Killerspiele und Behördenversagen“, ausgestrahlt am 9. November 2004 (Hinweis)Die Schriftform des Beitrags, sowie der Videobeitrag als Internetstream sind auf den Seiten des ZDF nicht mehr verfügbar. Es kursieren jedoch noch diverse Mitschnitte des Beitrags im Internet, wie z.B. hier auf youtube.com

. Etliche Spieler hatten schon im Vorfeld, aufgrund des reißerischen Titels, Bedenken über die Ausgewogenheit des Beitrags. Manche Spieler waren dennoch zuversichtlich: „Das ZDF ist üblicherweise keine Quelle für Panikmache [...], deshalb darf angenommen werden, dass in dem Bericht nicht nur Gegner von Computerspielen, sondern auch Befürworter wie Spieler, Psychologen, Therapeuten oder Pädagogen zu Wort kommen werden.“ (Gekko 2004).
Nach der Ausstrahlung des Beitrags waren sich jedoch offensichtlich die meisten Spieler einig, dass der Bericht extrem einseitig und negativ ausfiel: „der zuständige Redakteur hat sich die üblichen Verdächtigen aus dem Genre der 'Gewalt'-Spiele und dem lautstarken politischen Lager herausgepickt, dazu seine Meinung populistisch hinaus posaunt und keinenfalls über den Tellerrand geguckt.“ (Sleepy 2004).
Dabei sind einige Spieler „wirklich nicht der Meinung das jedes Spiel in Kinderhände gehört“ (Sleepy 2004). „Rainer Fromm spricht sicherlich vernünftige Punkte an, denn einige 'Gewalt-Spiele' sind weder löblich, noch moralisch, noch vertretbar. Allerdings ebenso wenig zu akzeptieren ist eine journalistische Arbeit, die 14-Jährige als Ausgangspunkt für Klischees und Vorurteile macht, die elterliche Kompetenz NICHT in der Verantwortung für den Kauf der 'Ab 18'-Spiele sieht und die einseitig und verzerrend dargestellt ist.“ (Alex 2004).
Insgesamt betrachtet kritisierten die meisten Spieler grundsätzlich die einseitige Aufmachung des Beitrags: „Die Sendung kann man jedenfalls nicht als objektive Berichterstattung durchgehen lassen.“ (Sidewalkwalker 2004). Anscheinend befürchteten einige Spieler, dass dadurch ein falsches Bild von Computerspielen und deren Spieler in die Öffentlichkeit transportiert werde.
Im Anschluss der Sendung, die mehrere Themen behandelte, wurde ein Live-Chat auf den Internetseiten des ZDF angeboten. Dabei wurde für jedes Thema der Sendung ein eigener Chatraum angeboten. Laut einigen Spielerkommentaren hätte der Chatraum zum Thema Gewaltspiele nach wenigen Minuten mit 750 Teilnehmern die Grenze der möglichen Teilnehmer erreicht. Die vier weiteren Chaträume zu den ebenfalls ausgestrahlten Beiträgen hätten dagegen insgesamt nur ca. 5 Teilnehmer gehabt.
Aufgrund der überaus zahlreichen Proteste, welche die Redaktion des Fernsehmagazins „Frontal21“ erreichten, gab diese auf dessen Internetseite nochmals eine Stellungnahme zu dem Thema ab. Darin heißt es: „Wir haben die Fülle an Post zum Anlass genommen, den Beitrag noch einmal inhaltlich zu prüfen. Die inhaltliche Kritik an unserem Film können wir auch nach nochmaliger Prüfung nicht teilen.“ (Frontal21 2004). Daraufhin folgen einzelne Punkte im Detail. Auf die Kritik der fehlenden Objektivität und einer reißerischen Aufmachung wird dabei nicht speziell eingegangen.
Am 26. April 2005 strahlt das Fernsehmagazin „Frontal21“ eine weitere Sendung zum Thema aus, dieses Mal mit dem Titel: „Gewalt ohne Grenzen - Brutale Computerspiele im Kinderzimmer“ (Fromm 2005). Auch zu dieser Sendung gibt es im Anschluss massenhaft Kritik aus Spielerkreisen. Hauptkritikpunkt sind auch hier die fehlende Objektivität und unsachgemäße Darstellung der Sachverhalte. In einem offenen Brief der Computerspielezeitschrift „GameStar“ an die Redaktion von „Frontal21“ heißt es, dass sowohl in dieser als auch in der zuvor angesprochenen Sendung, Computerspiele als Gewalt erzeugend dargestellt würden, wobei Gegenpositionen entweder nicht berücksichtigt oder gezielt abgeschwächt worden wären. Es wird kritisiert das Fernsehmagazin nehme billigend in Kauf, dass bei Außenstehenden der Eindruck entstehen könnte, Käufer von Computerspielen ohne Jugendfreigabe seien in der Regel gewaltbereite, potentielle Amokläufer (vgl. GameStar 2005a, zitiert nach Internet Archive 2007a). Der Brief wurde innerhalb ca. eines Monats von rund 51.000 Personen unterschrieben. Dies ist einer der größten Zusammenschlüsse unter Spielern um eine bestimmte Meinung zu kommunizieren, auf den während der Untersuchung gestoßen wurde. Näheres dazu findet sich in Kap. 3.2.2.
Auch andere Medienberichte wurden aufgrund einseitiger Berichterstattung von Computerspielern kritisiert. So z.B. die Talk-Sendung „Hart aber Fair: 'Vom Ballerspiel zum Amoklauf - was treibt Jugendliche in die Gewalt?'“, im WDR am 22. November 2006, welche 2 Tage nach den bereits erwähnten Ereignissen in Emsdetten live gesendet wurde. Nach Ausstrahlung der Sendung wurde das zugehörige Gästebuch im Internet mit teils heftiger Kritik überflutet. So wurde bspw. angeprangert, dass die geladenen Gäste „offenkundig keine Ahnung vom Thema hatten“ (Frank 2006) und das in einer Sendung die ansonsten gewohnt ausgewogen sei.
Die mehrfach ausgezeichnete Sendung (unter anderem mit dem Adolf-Grimme-Preis in der Kategorie „Information und Kultur“) wird im Internet folgendermaßen beschrieben: „hartaberfair ist ein Talk-Format, das es sich zum Ziel gesetzt hat, ein Reizthema für jeden verständlich aufzuarbeiten und umfassend zu informieren. Filme und Reportagen liefern wichtige Hintergründe, bereichern die Diskussion mit Fakten und beleuchten das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln.“ (WDR 2007). Vor allem die umfassende Information und das Beleuchten aus verschiedenen Blickwinkeln hat einigen Zuschauern, insbesondere den Computerspielern, bei besagter Sendung anscheinend gefehlt. „Kontroverse Diskussionen sehen anders aus. Ich finde es gehört zu den Pflichten des WDR auch den Stimmen der 'anderen' Seite zum Thema 'Killerspiele' eine Plattform zu bieten. Wer nur Leute einlädt, die sowieso nur Vorbehalte gegen Computerspiele haben, der mit einseitigen Videobeiträgen die Zuschauer beeinflusst und der 'Diskussionsrunde' noch den reißerischen Titel 'vom Killerspiel zum Amoklauf' gibt, dem geht es nur um die Quote und nicht um eine sachliche Diskussion.“ (Kai S. 18, 2006).
Zudem wurden verschiedene Falschaussagen über bestimmte Computerspiele kritisiert. „Ich hoffe Sie nennen das, was hier gezeigt wurde nicht Journalismus oder fair! Sie hatten nicht eine Person von der betroffenen Seite (Gamer - der sog. Experte sparch von CTFCTF steht für „Capture The Flag“ und bezeichnet einen Spielmodus der jedoch in Counter-Stike (CS) nicht vorhanden ist.

in CS!). Alle Anwesenden haben die beschriebenen Spiele noch nie gesehen! Die Einführung war falsch, sehr viele Falschaussagen (z.B. wurde bei GTA : SA wie immer die Orginalversion gezeigt, in der Deutschen geht das nicht! (Hinweis)Das Computerspiel „Grand Theft Auto: San Andreas“ (GTA:SA) ist auf dem regulären deutschen Markt nur in einer eingeschränkten Fassung erhältlich, damit das Spiel den USK-Richtlinien für eine Freigabe 'ab 16 Jahren' entspricht. Offensichtlich wurden im TV-Beitrag Spielszenen gezeigt, die in der deutschen Fassung nicht enthalten sind.

) Ich muss sagen ich bin sehr enttäuscht davon, wie hier zur Hexenjagt geblasen wird (andere Meinungen wurden vom Moderator aktiv unterdrückt!!) Ich werde ihre Sendung in Zukunft meiden.“ (26 2006).
Übrigens wurden im entsprechenden Gästebuch allein zu dieser Sendung 6990 Beiträge verfasst, bevor es nach sieben Tagen für weitere Einträge geschlossen wurde.
Es ist vielleicht noch anzumerken, dass für diese Live-Sendung ursprünglich ein anderes Thema geplant war, welches aber aufgrund der aktuellen Ereignisse in Emsdetten relativ kurzfristig umdisponiert wurde.
Das interessante an diesem Beispiel ist, dass im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Reaktionen zu den „Frontal21“ Beiträgen, in diesem Fall die übermäßige Kritik der Computerspieler die Redaktion der Sendung bzw. Herrn Plasberg (Moderator) dazu bewogen hat, sich im Internet für die unausgewogene Gästeauswahl in der Sendung zu entschuldigen: „Liebe User! Ich habe wie immer besonders aufmerksam unser Gästebuch gelesen. Nicht zu übersehen, dass viele User unsere Sendung als unfair empfunden haben, weil kein Spieler am Panel vertreten war. Sie haben Recht: Das war ein Fehler. Auch ein noch so guter Tom Westerholt im Film konnte dieses Manko nicht wett machen. Sorry, wir haben verstanden. Ihr Frank Plasberg“ (Plasberg 2006).
In diesem Fall haben also die Stimmen der Spieler Gehör gefunden, wenn auch nur mit geringfügigen Auswirkungen. Auf den Aspekt der Spielerstimmen in einer öffentlichen Diskussion wird im zweiten Abschnitt dieses Unterkapitels noch näher eingegangen. Im Folgenden soll jedoch genauer analysiert werden inwiefern Computerspieler moralische Argumente in die Diskussion einbringen, bzw. ob unter ihnen eine ethische Reflexion rund um das Thema Computerspiele stattfindet.
In den zuvor zitierten Beispielen wird zunächst einmal deutlich, dass sich die Spieler auf einen fairen Diskurs berufen. Es wird eine objektive Herangehensweise gefordert, eine „sachliche Diskussion“ bzgl. der Wirkung von Computerspielen mit gewalttätigen Inhalten, in der beide Seiten gleichberechtigt zu Wort kommen. Dies gehöre zu den „Pflichten“ der Berichterstatter. Wie bereits in der Einleitung dieser Arbeit beschrieben wurde, werden derartige Ansprüche auch in der Diskursethik erhoben. So sollen an einem Diskurs „alle von einem Konflikt Betroffenen vom Prinzip her als Freie und Gleiche teilnehmen“ (Kuhlen 2004, S. 56).
Es gibt allerdings auch vereinzelt Gegenbeispiele die zeigen, dass manche Spieler selbst nicht an einem inklusiven Diskurs interessiert sind. Diese sehen sich vielmehr in einer Position in der praktisch niemand auf ihr Handeln Einfluss nehmen kann, da sie sich angeblich immer Zugang zu den Spielen ihrer Wahl verschaffen können und diese auch nutzen wie sie es für angemessen halten. Die Meinung Anderer spielt dabei für sie keine Rolle.
Neben entsprechenden Medienberichten äußern sich Computerspieler auch häufig zu Aussagen von Politikern, welche auf Computerspiele bezogen sind. Im Besonderen zu Beiträgen bzgl. der immer noch aktuellen „Killerspiel“-Debatte bzw. der Diskussion über ein Verbot von „Killerspielen“. So forderte bspw. der bayerische Innenminister Günther Beckstein, in Reaktion auf die Ereignisse in Emsdetten: „'Killer-Spiele' sollten 'in der Größenordnung von Kinderpornographie eingeordnet werden, damit es spürbare Strafen gibt'“ (Tagesschau 2006). Computerspieler reagierten empört auf diese Aussage: „Dies nehme ich mal ganz pauschal als Beleidigung gegen meine Person an. Weil ich mit der Maus auf Figuren klicke und diese so neutralisiere, bin ich also gesellschaftlich gleichzustellen mit Menschen die auf kleine Kinder stehen, und sich nicht scheuen diese Phantasien auszuleben? […] solche inhaltslosen Beleidigungen und Vergleiche lasse zumindest ich nicht auf mir sitzen. Bodenlose Frechheit.“ (eX2tremiousU 2006). Der Spieler sieht hierbei einen Vergleich zwischen Kinderpornografie und „Killerspielen“ als nicht gerechtfertigt und fühlt sich dadurch persönlich beleidigt. In einer Petition, welche von einem Computerspieler eingerichteten wurde, heißt es: „Auch ich fühle mich als Spieler solcher Spiele durch diese vollkommen unsachgemäße und beschämenden Äußerung angegriffen, da ich somit auf ein Niveau auf mit Kinderschändern gesetzt werde. Persönlich sehr verletzt fordere ich hiermit eine öffentliche Entschuldigung von Herrn Beckstein.“ (Speit 2006).
Die zitierten Aussagen der Spieler könnten evt. den Anschein erwecken, dass sie sich dabei lediglich persönlich angegriffen fühlen und deshalb entsprechend reagieren. Jedoch empfanden es manche Spieler auch als „Respektlosigkeit gegenüber den Opfern der Pädophilie: Nicht nur, dass diese nun für die Stimmungsmache gegen 'Killerspiele' instrumentalisiert werden, nein, dieser Politiker maßt sich an, das Verbrechen, was an realen, hilflosen Kindern begangen wurde, herunterzuspielen und zu verharmlosen, indem er es mit etwas gleichsetzt, was ein nicht unbeträchtlicher Teil der deutschen Bevölkerung tut. Frag mal das kleine Mädchen, welches zum Sex gezwungen wurde: 'Das was dir angetan wurde, findest du das eigentlich genauso schlimm wie Computerspielen?'“ (WackyWildWorm 2006). Die Computerspiele werden hier also vom Spieler anscheinend als harmlos betrachtet, womit im Gegenzug sexueller Kindesmissbrauch durch die Aussage von Herrn Beckstein verharmlost werde. Es zeigt auch, dass der Spieler im moralischen Kontext nicht nur sich oder seine Spielerkollegen betrachtet.
Aber gerade in Bezug auf die eigene Person oder auch die Gemeinschaft fühlen sich viele Spieler durch solche Aussagen ungerechtfertigter Weise ausgegrenzt. „Tausende friedlich miteinander spielende Computerfreaks werden diskriminiert und mit verabscheuungswürdigen Monstern ( wie Marc Dutroix) gleichgestellt (Becksteins Forderung st nichts anderes als Vergleich mit Kinderschändern und eine de facto Gleichstellung)“ (Konrad_of_Thuringia 2006).
Anfang März hat sich schließlich ein 44-jähriger Computerspieler dazu entschlossen, Strafanzeige gegen Herrn Beckstein zu stellen, in dieser heißt es: „Hiermit erstatte ich für mich und stellvertretend für eine große Anzahl von Betroffenen Strafanzeige wegen Beleidigung, übler Nachrede und Volksverhetzung [...]. Herr Beckstein hatte mehrmals und in verschiedenen Medien die Gleichstellung von Computerspielen mit Kinderpornografie gefordert. Des Weiteren würden Spieler durch die Spiele zu Mördern ausgebildet und seien tödliche Zeitbomben. Damit hat er mich und etliche Millionen Menschen in diesem Land mit Kinderschändern und Psychopathen gleichgestellt!“ (Fränkel 2007a). Laut Fränkel gibt der Spieler später an, das dies auch ein Zeichen an alle Politiker sein soll, dass „nicht jeder brav den Mund hält und kuscht“ (Fränkel 2007a).
Die Reaktionen anderer Spieler auf diese Maßnahme sind geteilt, im Gegensatz zu den vorigen Reaktionen wurden jetzt auch andere Meinungen zum Thema laut. Etliche Spieler befürworten allerdings die Maßnahme, einige Spieler geben sogar an bei möglichen Gerichtskosten Geld zur Verfügung stellen zu wollen: „Guter mann, wenn er jetzt noch ein Konto für Spenden für die Gerichtskosten einrichtet. Wäre mit das sogar ein paar Euro Wert.“ (SchumiGSG9 2007).
Wirkliches Vertrauen in den Erfolg der Anzeige scheinen trotzdem die wenigsten Spieler zu haben, aber viele halten die Maßnahme dennoch für sinnvoll:
„Finde die Aktion klasse, auch wenn sie nicht von großem Erfolg sein wird. Endlich macht mal einer was. Alle reden immer nur rum, aber es macht keiner was (inkl. Mir)“ (Montares 2007).
„Ich finde diese Aktion richtig gut und auch notwendig. Hoffentlich wird das ganze auch bei Medien, die sich nicht explizit mit dem Computer befassen, wahrgenommen und verbreitet.“ (Joe_2000 2007).
„Warum zum Geier soll man nicht mal die Rechtsmittel die der Staat bietet nutzen. Mit Diskussionen innerhalb der Community ändert man nichts.“ (Lionheart25 2007).
Dagegen werden jetzt auch Stimmen laut die sich von den Aussagen Becksteins anscheinend nicht berührt fühlen. „Es findet sich doch immer jemand der wegen jedem Scheiß klagt. Naja, wenn ihm das Becksteingegrunze persönlich so nahe geht, bitte“ (Loosa 2007).
Manche Spieler sind darüber hinaus der Ansicht, dass die Anzeige nicht nur rechtlich, sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung, keinerlei Wirkung zeigen werde: „Glaubst du das dadurch die Öffentlichkeit wachgerüttelt wird, oder gar der Beckstein seine Position überdenkt? Meiner Meinung nach werden durch diese Anzeige lediglich Steuergelder verbrannt, sonst nichts.“ (Boesor 2007).
In einer Reaktion aus dem Bayrischen Innenministerium heißt es, die Forderungen und Äußerungen des Politikers seien „Ausdruck eines verantwortungsvollen Handelns, um zunehmenden Verrohungstendenzen in der Gesellschaft zu begegnen.“ (Fränkel 2007b). Daneben sei es sowohl notwendig, als auch vernünftig und nicht strafbar, Computerspiele zu kritisieren „die es Spielern ermöglichen, spielerisch und virtuell Menschen auf grausamste Art und Weise zu töten.“ (Fränkel 2007b).
Noch im selben Monat gibt die Staatsanwaltschaft bekannt, dass sie in den Äußerungen von Herrn Beckstein keine Straftat sieht, womit die Anzeige fallen gelassen wird. Die Begründung lautet: „Es muss Politikern freigestellt bleiben, Denkanstöße zu ihrer Meinung nach wünschenswerten Maßnahmen zu geben, so lange die Grenzen des Grundgesetzes nicht überschritten werden. Eine Überschreitung dieser Grenzen ist aber nicht zu sehen.“ (Fränkel 2007c).
Die meisten Spieler scheinen darüber nicht sonderlich verwundert zu sein. Allgemein wird deutlich, dass bei manchen Spielern das Vertrauen in die Politik nicht besonders hoch ist, vereinzelt äußern sich Spieler resigniert und sind dabei der Meinung, dass die Stimme der Spieler in der Öffentlichkeit nichts zähle. Ansonsten konnte, neben den bisher genannten Meinungen, nichts sonderlich Neues zum Thema gefunden werden.
Es bedurfte aber nicht erst derartigen Aussagen, wie die von Herrn Beckstein zitierte, um unter den Computerspielern das Gefühl einer Diskriminierung zu erzeugen. Bereits der Begriff „Killerspiele“, angeblich von Edmund Stoiber nach den Ereignissen in Erfurt zum ersten mal auf Computerspiele bezogen (vgl. Slotosch 2006), führte dazu, dass sich Spieler diskriminiert fühlen. Nachdem dieser Begriff, wie bereits in Kap. 2 beschrieben, im Jahr 2005 in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde, richteten zwei Computerspieler eine Webseite ein, die sich explizit gegen den Ausdruck „Killerspiele“ ausspricht, da dieser Vorurteile gegenüber Computerspielern erzeugen würde. So lautet der Appell der Homepage:
  • „Verzicht auf das Wort 'Killerspiele'
  • differenzierte Betrachtung real existierender Gewalt und ihrer Ursachen
  • keine Diskriminierung von Spielern
  • Medienberichte, die sich nicht nur in Tendenzjournalismus a la Frontal21 ergehen“
    (Wintermantel-Menze & Marzi 2007a)
Kritisiert wird des Weiteren ebenfalls ein unsachlicher Diskurs, wie er angeblich von der „Gegenseite“ geführt wird. Aus diskursethischer Sicht wird auch hier der Anspruch geltend gemacht eine Diskussion zu führen, die vor allem auf schlüssigen Argumenten beruht anstatt, auf „monokausaler Ursachenbegründung“, und die auf Begriffe wie dem Wort „Killerspiele“ verzichtet, welches diesen Spielen angeblich einen Effekt zuschreibe, „den sie weder der Forschung nach noch realen Geschehnissen zufolge haben.“ (Wintermantel-Menze & Marzi 2007a). Dementsprechend sehen die Spieler hierbei also die Achtung der Würde und die rücksichtsvolle Schonung der streitenden Individuen, wie sie innerhalb der Diskursethik gefordert werden, als vernachlässigt an. Deshalb möchten sie sich gegen diese, ihrer Meinung nach unsachgemäßen Angriffe wehren und versuchen sich in die Debatte einzubringen, indem sie auf verschiedene Texte und Veröffentlichungen verweisen „die unserer Meinung nach geeignet sind, eine sachliche Diskussion mit den entsprechenden theoretischen Grundlagen zu versehen.“ (Wintermantel-Menze & Marzi 2007b). Sie betonen dabei, dass es verschiedene Ansichten mit jeweils verschiedenen Argumenten gibt, womit sie klarstellen, dass sie sich nicht vor anderen Meinungen verschließen, wenn diese entsprechend begründet sind. Dies folgt ebenfalls dem Ziel der Diskursethik möglichst einen Konsens zu finden, der von allen Beteiligten gleichermaßen getragen wird.
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Realität vs. Fiktion
Die bisher genannten Beispiele waren meist direkte Spielerreaktionen, die sich auf Kritik aus der Öffentlichkeit bezogen. In solchen Fällen sind vor allem sehr zahlreiche Kommentare von Spielern im Internet zu finden, wie die bereits genannten Zahlen dazu verdeutlichen. Die Untersuchung hat ergeben, dass Computerspieler aber nicht nur durch eine Konfrontation zu einer moralischen Auseinandersetzung mit dem Thema angestoßen werden und dabei auch versuchen ihre Meinung Außenstehenden zu vermitteln, sondern vereinzelt auch generell eigene Überlegungen anstellen.
In diesem Zusammenhang ist bspw. der Welt Aids Tag 2006, bzw. die von der internationalen Werbeagentur Ogilvy ins Leben gerufene Aktion „GAMER unterstützen STAYING-ALIVE.ORG“ anzuführen. Wie dem Verfasser von Christian Seifert, dem Creative Director bei Ogilvy, auf Anfrage am 04.12.2006 schriftlich mitgeteilt wurde, sei er selbst in einer Spielgemeinschaft (Clan) tätig und wäre ehemals aktiver Spieler gewesen. Seifert hat mit seinen Mitarbeitern von Ogilvy diese Aktion als Unterstützung der HIV/AIDS-Präventionskampagne „Staying Alive“ ausgearbeitet und realisiert. Konkret handelt es sich bei dieser Aktion um einen Banner (s. Abbildung 9), der auf dem Webserver von Ogilvy frei zur Verfügung steht. Dabei wurde die Idee verfolgt, dass dieser Banner am Welt-Aids-Tag von den Betreibern öffentlicher Counter-Strike-Server in die Willkommensnachricht des Servers eingebunden wird. Diese erscheint stets zu Anfang auf dem Bildschirm des Spielers, wenn er sich mit einem solchen Server verbindet. Fast alle solcher Spieleserver werden von den Spielern selbst administriert. Counter-Strike stellt dabei eines der beliebtesten Online-Spiele dar, mit aktuell ca. 160.000 Servern und im Durchschnitt knapp 3 Millionen verschiedenen Spielern pro Monat weltweit (vgl. Valve Corporation 2007). Laut Seifert stehe fest, dass die Aktion innerhalb der Counter-Strike Community sehr gut ankam und man wolle die Aktion im nächsten Jahr auf jeden Fall wiederholen.
Abbildung 9: Welt-Aids-Tag-Banner für Spieleserver (Ogilvy & Mather 2006)
Ebenfalls interessant ist, dass der im Banner verwendete Text eindeutig auf die Zielgruppe der Computerspieler, bzw. im Besonderen auf Nutzer des Computerspiels Counter-Strike, ausgelegt ist, wobei auch die überarbeitete Grafik ursprünglich direkt aus diesem Spiel stammt (in diesem Fall aus der Version „Counter-Strike: Source“). Die Aussage „Kill so viele du kannst“ könnte in diesem Zusammenhang auf die meisten Menschen, ohne Erfahrung mit entsprechenden Computerspielen, zunächst einmal befremdlich wirken. Die Werbeagentur Ogilvy geht in diesem Fall jedoch anscheinend davon aus, dass die Computerspieler hier klar zwischen real und virtuell unterscheiden. Also, dass Computerspieler diese Aussage lediglich mit den virtuellen Handlungen innerhalb des Spiels assoziieren, wohingegen sich der Rest des Werbespruchs auf die reale Lebenswelt des Spielers bezieht und wahrscheinlich angenommen wird, dass dies auch entsprechend wahrgenommen wird. In verschiedenen Studien konnte eine solche Trennung zwischen Realität und Fiktion häufig bestätigt werden. „Die 'virtuelle Spielwelt' wird von den Spielern sehr klar und sehr eindeutig von der realen Welt abgegrenzt. Es geht um Spielprozesse und nicht um das Handeln in der realen Welt.“ (Fritz 2004, S. 206).
Auch bei der vorliegenden Untersuchung konnte festgestellt werden, dass dieser Punkt häufig von Computerspielern angeführt wird. Zu einem Videobeitrag mit dem Titel: „Beruf: Computerspieler“ (Polylux 2006), auf einer Webseite des Rundfunks Berlin-Brandenburg, wurde in den Kommentaren unter anderem auch der Aspekt der Virtualität diskutiert. In dem Videobeitrag wird über professionelle Computerspieler berichtet, die mit dem Computerspielen ihren Lebensunterhalt bestreiten, sowie generell über E‑Sport in Deutschland und international. Counter-Strike wird dabei beispielhaft als Wettkampf- und Mannschaftssportart vorgestellt, dass auf nationalen und internationalen, mit hohen Preisgeldern dotierten, Turnieren untereinander ausgefochten wird. Unter den Kommentaren ist folgender Diskussionsverlauf zu finden (Auszug):
„Wenn beim Kräftemessen Blut spritzen muss und Lebewesen umkommen müssen, dann ist das schon eher ein Fall für den Psychiater.“ (klauslog 2006a).
Antwort von „ElCapo“:
„Ich find gut, dass Klauslog keine 'Killer-Spiele' spielt, da er offenbar Realität und Fiktion nicht unterscheiden kann. Ist gut für uns alle.“ (ElCapo 2006).
Antwort von „bingo“, ebenfalls in Bezug auf die Aussage von „klauslog“:
„->Zeig mir ein Computerspiel, wo echte Lebewesen umgekommen sind °° btw. [by the way]  wie stehst du zu Boxsport?“ (bingo 2006a).
Antwort von „klauslog“:
„Es kommt doch nicht darauf an, ob 'echte Lebewesen' umkommen. Früher gab es mal den jetzt altmodischen Grundsatz: Du sollst nicht auf Menschen zielen, geschweige denn schießen (nicht mal mit ner Wasserpistole).“ (klauslog 2006b).
Antwort von „bingo“:
„Es kommt sehr wohl darauf an, dass es keine 'echten' Lebewesen sind. Es sind nämlich gar keine Lebewesen. Sie fühlen nicht, sie denken nicht, sie sind sich ihrer nicht einmal bewusst. Sie stellen einzig und allein eine Fiktion dar. Somit ist der Grundsatz: Du sollst nicht auf Menschen zielen nicht anwendbar.“ (bingo 2006b).
Dabei ist anzumerken das „klauslog“ später zugibt „keine Ahnung von PC-Spielen“ (klauslog 2006d) zu haben, „bingo“ dagegen deutet an, besagte Ego-Shooter auch selbst zu spielen.
Aus dem Diskussionsverlauf wird deutlich, dass der Spieler hier klar zwischen real und virtuell unterscheidet. „klauslog“ wird hingegen vorgeworfen diese Trennung nicht zu vollziehen. Auch mit der Frage wie man zu Boxsport stehe, will der Spieler anscheinend andeuten, dass es durchaus reale und gesellschaftlich tolerierte Sportarten gibt, bei denen es echte Verletzungen und echtes Blut gibt, wohingegen im Computerspiel derartiges simuliert wird und niemand wirklich verletzt wird da sich keine „echten Lebewesen“ im Spiel befinden.
Die eigentliche Diskussion besitzt noch wesentlich mehr Beiträge, dabei ist ebenfalls interessant wie sich „klauslog“ später zum Umgangston der Spieler äußert: „ein Kompliment muss ich noch loswerden: Den in diesem Forum verwendeten Umgangston finde ich geradezu kultiviert, fast kameradschaftlich.“ (klauslog 2006d). Und er bedankt sich dafür, dass die Spieler „eine wie ich meine faire Umgangsweise im Forum gezeigt“ (klauslog 2006c) haben. Die meisten Spieler versuchen in dieser Diskussion tatsächlich eine sachliche Diskussion zu führen, welche auf einer guten Argumentation basiert. Dabei akzeptieren sie auch andere Meinungen: „Ich habe auch nichts gegen deine Meinung das du gegen Killerspiele bist“ (Tigr3 2006). Jedoch raten sie auch dazu an die eigene Meinung zu reflektieren, wenn sie ihnen zu vorurteilsbelastet erscheint: „@klauslog: du könntest ruhig mal deine einstellung zu 'Killerspielen' überprüfen“ (kinglouiXIV 2006). Dies erinnert insgesamt wieder sehr an die Ansprüche der Diskursethik. Das Beispiel zeigt also auch wie sehr sich einige Spieler bemühen, einen solchen Diskurs tatsächlich zu führen.
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Unterschiedliche moralische Normen
Die Argumentation selbst, dass ein Unterschied zwischen realen und virtuellen Handlungen besteht, wird von Computerspielern scheinbar häufiger angeführt, wenn bestimmte Spielinhalte von Außenstehenden als moralisch nicht vertretbar bewertet werden.
„Ich, lange Zeit ProGamer [professioneller Computerspieler], habe in meinem bisherigen Leben genau 0 Menschen getötet. Kaum vorstellbar wenn man bedenkt dass vermutlich schon mehrere hunderttausend Pixelwesen durch meine Hand ins virtuelle Jenseits befördert wurden. Noch seltsamer ist, dass ich sinnlose Gewalt verabscheue! Wie kann das sein? Die Antwort sollte eigentlich klar sein: die meisten Jugendlichen können Realität und Fiktion voneinander unterscheiden.“ (KillerspielSpieler 2006).
Dabei argumentieren Computerspieler bewusst oder auch unbewusst aus ethischer Sicht, dass dem Alltag bzw. der realen Lebenswelt andere moralische Normen zu Grunde liegen als dem Spiel. Auch dies konnte von Fritz (2004) in verschiedenen Untersuchungen festgestellt werden: „Spieler, die in einem Computerspiel aus Spaß, Entspannung und Vergnügen 'abtauchen', befinden sich in der virtuellen Spielwelt. Diese Rahmung durch die Spieler wird insbesondere dadurch deutlich, dass sie sich vehement dagegen wehren, ihr Spielverhalten in der virtuellen Spielwelt als Indiz für Vorstellungen und Handlungsabsichten in der realen Welt zu werten.“ (Fritz 2004, S. 206). „Die Menschen wissen, wenn sie sich in der virtuellen Welt befinden, und sie deuten das Geschehen nach den Maßstäben, die für diese Welt gelten.“ (Fritz 2004, S. 203). Die Spieler wehren sich also dagegen, dass von Außenstehenden, übrigens bis zu einem gewissen Grad auch von manchen Spielern meist anderer Spielertypen, für die virtuelle Spielwelt dieselben Maßstäbe angesetzt werden wie für ihre reale Lebenswelt. Unter diese Maßstäbe fallen auch moralische Normen. Möchte man die Frage klären, wie Computerspiele von ihren Nutzern moralisch bewertet werden, muss also ebenfalls geklärt werden, welche moralische Normen den Computerspielen zu Grunde gelegt werden.
Dazu muss der Sachverhalt aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Einerseits wird in Computerspielen vieles simuliert, was wir aus unserer realen Lebenswelt kennen. Spieleentwickler setzen dies häufig gezielt ein, damit sich der Spieler in der Spielwelt schneller zurechtfindet. Entsprechend ließe sich argumentieren, dass Normen, die dem simulierten Realitätsausschnitt in der Realität zu Grunde liegen, auch den zugehörigen Handlungen im Spiel zu Grunde gelegt werden sollten. Würde man bspw. auf einer Straße einen unbekannten Passanten grundlos mit einem Baseballschläger angreifen, ließe sich dies in der realen Lebenswelt wohl mit keinem Argument moralisch vertreten. In dem Computerspiel „Grand Theft Auto: San Andreas“ ist eine solche Handlung bspw. möglich, auch wenn sie nicht explizit vom Spieler verlangt wird. In dem Spiel wird versucht, eine Großstadt zu simulieren, dazu gehören auch Fahrzeuge und Passanten, die sich durch die Stadt bewegen (s. Abbildung 10 ). Der vom Spieler gesteuerte Charakter hat verschiedene Waffen zur Verfügung, um damit seine Gegner im Spiel zu bekämpfen. Durch die große Handlungsfreiheit besitzt der Spieler aber wie erwähnt auch die Möglichkeit, den Charakter mit diesen Waffen unbeteiligte Passanten angreifen zu lassen, wie z.B. auch mit einem Baseballschläger.
Es ist nahe liegend, dass Außenstehende derartige Spielhandlungen als ähnlich unmoralisch bewerten wie in ihrer realen Lebenswelt, da sie in diesem Fall lediglich Beobachter sind und das was sie sehen, mit ihren bisherigen Erfahrungen vergleichen werden. Ähnlich verhält es sich bspw. mit Kriegsspielen, welche besonders von älteren Generationen, aufgrund ihrer Erfahrungen bzw. Wertvorstellungen, kritisch betrachtet werden (vgl. Fritz & Fehr 2004).
Abbildung 10: Screenshot aus dem Spiel "Grand Theft Auto:San Andreas" (Rockstar Games)
Dabei spielt es häufig auch eine Rolle, wie realistisch die Simulation wirkt, d.h. wie sehr die Spielszenen optisch und akustisch der Realität entsprechen. Je realistischer die Spielszenen wirken, desto einfacher lassen sie sich mit realen Erfahrungen verknüpfen. Der Spieler hingegen ist nicht nur Beobachter, sondern auch Akteur, seine Handlungen lassen den Charakter auf dem Bildschirm entsprechende Aktionen ausführen. Durch diese direkte Einflussname entsteht eine neue Erfahrung. Greift die Spielfigur einen Passanten an, sieht es zwar so aus als ob „jemand“ verletzt werde, der Passant auf dem Bildschirm fliegt zu Boden und verliert Blut, in Wirklichkeit wird aber niemand verletzt. Es gibt keine realen Konsequenzen, stattdessen beziehen sich mögliche Konsequenzen höchstens auf die Spielwelt selbst. Diese Spielwelt könnte aus Sicht des Spielers als eine alternative Realität betrachtet werden, die ihre eigenen Regeln besitzt. Auch Fritz hat in seinen Untersuchungen entsprechendes feststellen können: „Das Spiel wird von der Mehrheit der Befragten  so dargestellt, daß es schon eine andere Realität ist, in die sie einsteigen“ (Fritz 1995, S. 158). Mit einem solchen Hintergrund ließe sich nun erklären, wieso Computerspieler das virtuelle Erschießen virtueller Figuren nicht grundsätzlich als unmoralisch empfinden. Es wird sogar deutlich, dass derartige Handlungen von vielen Computerspielern überhaupt nicht aus moralischen Gesichtspunkten bewertet werden. Einige Zitate aus derselben Diskussion wie zuvor verdeutlichen dies:
„gerade bei Counterstrike geht es nicht primär um Töten und Blutvergiessen sondern (wie ddrumble schon gesagt hat) um Teamarbeit, Taktik und Reaktionsschnelligkeit.“ (kinglouiXIV 2006).
„Solche Spiele werden zum Teil wegen ihrem Adrenalinfaktor gespielt. Da zieht Halma einfach den Kürzeren. Spiele wie Counter-Strike verbinden einen unheimlich großen taktischen Aspekt, mit dem Aspekt der Reflexschnellig- und genauigkeit sowie eben einer Portion Adrenalin.“ (bingo 2006a).
„Ich muss mich allerdings als 'Ballerspielespieler' outen ich spiele sie gerne eben wegen dem erwähnten Adrenalin Faktor genau so aber auch einfache aufbau strategie spiele. Mir ist taktik wichtig die mann sich selber ausdenken muss, sie anwenden, ändern und erweitern muss und so weiter“ (GRAW 2006).
„Bitte frag nicht nach dem tieferen Sinn in Counter-Strike und Co. Es ist ein Spiel/Mannschaftssport, je nachdem. Wo liegt der Sinn in Fußball? Nun, es gibt keinen, aber das ist eine philosophische Frage... Sagen wir es macht einfach Spaß!“ (KillerspielSpieler 2006).
Die obigen Beispiele beziehen sich hauptsächlich auf das Multiplayerspiel „Counter-Strike“. Wie aus der Beschreibung des Spiels in Kap. 2.1 hervorgeht, erscheinen Argumente wie taktisches Vorgehen und Teamarbeit, die dabei im Vordergrund stehen sollen, als durchaus einleuchtend. Vor allem für Spieler die entsprechende Spiele wettkampfmäßig betreiben, scheinen Gewaltdarstellungen sehr stark in den Hintergrund zu treten: „welcher eSport-Titel wird aus lauter 'Blutrünstigkeit' von den Gamern gespielt? Ist es nicht vielmehr so, dass viele Gamer sogar auf die realistische Darstellung verzichten um mehr Performance ins Game zu bringen? Im Klartext; viele Online-Zocker schrauben ihre Spielgrafik runter damit das Game flüssiger und schneller läuft. Kann man dann noch von 'Blutgeilheit' sprechen??? Ich glaube NICHT!!! […] Ich als eSportler, wünsche mir eine friedliche und faire Diskussion über dieses Thema mit einer Einigung, die beide Parteien vertreten können.“ (Iceman72 2006).
Auch in verschiedenen Interviews die Rainer Fromm mit E‑Sportlern geführt hat, wird diese Argumentationsweise deutlich:
„Im Ego-Shooter-Bereich ist eine gute Grafik gar nicht so wichtig, weil die Spieler so weit gehen, dass sie den Grafik-Bereich total runterschrauben, um noch einen weiteren Geschwindigkeitsvorteil zu haben. Und die weiterentwickelten Grafik-Engines Die Grafik-Engine ist die grundlegende Technik auf der die eigentlich grafische Darstellung basiert.

können nur dazu dienen, das Spiel noch schneller zu machen. Die Farbtiefe, die Perspektive und so etwas wird von den richtigen Profi-Spielern gar nicht mehr wahrgenommen.“ (Fromm 2003, S. 144).
„Man versucht nicht, so viel Blut zu sehen wie möglich, sondern man versucht einfach, die strategisch wichtigen Punkte abzudecken.“ (Fromm 2003, S. 146).
Allerdings gibt es natürlich auch reichlich Computerspiele, die im E‑Sport keine Verwendung finden und bspw. nur als Einzelspieler gespielt werden können. In einem Forum zu dem Ego-Shooter „Doom 3“, dessen Darstellung sich aus Horrorelementen bedient und als gewalthaltig bezeichnet werden kann, finden sich in diesem Zusammenhang bspw. folgende Spielermeinungen:
„ich denke, dass jeder, der sich wirklich mit videospielen auseinander setzt, versteht, wie sie funktionieren. es sind texturen die sich verändern, wenn ein gegner getroffen wird. außerdem ist gewaltdarstellung in videospielen, auch wenn sie einmal real aussehen wird, weit entfernt von der realität. ich bin in solchen sachen 'abgehärtet', doch bei snaf-videos Gemeint sind wohl „snuff“-videos, in denen reale oder realitätsnah dargestellte Tötungshandlungen von Menschen zu sehen sind (vgl. Polizeiliche Kriminalprävention 2007)

ö.ä. dreht sich bei mir der magen um. weil es da um echte menschen geht. die in den medien oft genannte verschwimmung zwischen realtität und videospiel ist lächerlich. mit maus und tastatur umzugehen ist die eine sache, eine echte pistole mit seiner eigenen hand auf einen menschen zu richten eine andere.“ (.-r4ki`` 2007).
„Mich reizt die Atmosphäre die ein Spiel rüberbringt, sowie die Geschichte die erzählt wird. Die Gewalt kann aber in eingen Bereichen die Atmo [Atmosphäre] noch steigern, z.B. bei Doom 3. Dann kommt die Beklämmung gleich ganz anders rüber, wenn man einen, mit Blut verschmieren, Raum betritt.“ (Tesp 2007).
„in spielen gehts mir eigentlich nur drum, dass das feeling richtig rüberkommt. wenns nen rollenspiel ist , dann will ich mit schwertern irgendwelche orks niedermetzeln oder quests [Aufträge] erledigen. wenns nen horror-shooter ist, will ich mich gruseln und angst haben.“ (Faras 2007).
„einfach mal abtauchen in einer andere Welt um eine Mission zu erfüllen und ein Abenteuer zu erleben, was man normalerweise als Durchschnittsbürger in der Realität nicht erleben kann (und nicht will).“ (wARmAcH1n3 2007).
Auch diese Spieler trennen anscheinend klar zwischen Realität und Fiktion. Sowohl diese als auch die vorherigen Spieleraussagen verdeutlichen, dass die virtuelle Tötungshandlung innerhalb der Spiele, für die Spieler hier keine moralischen Fragen aufwirft. Viel ausschlaggebender scheint für die Spieler zu sein, welche Herausforderungen das Spiel bietet, wie gut sie das Spiel beherrschen und wie sehr sie in den Bann des Spiels gezogen werden. Daraus resultiert letztendlich für die Spieler auch der Spaß am Spiel. Derartige Motive wurden ebenfalls von Fritz unter Zusammenfassung verschiedener empirischer Untersuchungen festgestellt. Computerspiele würden in erster Linie ein „gutes Gefühl“ erzeugen. Dazu gehöre generell Spaß, aber auch Gefühle von Leistungsfähigkeit und Kompetenz, sowie Ablenkung vom Alltag. Spielkontrolle und Macht seien dabei die entscheidenden Motivationsträger (vgl. Fritz et al. 1995, S. 238 f). Nach den genannten Zitaten wären in diesem Fall also Teamarbeit, taktisches Verständnis, die benötigten Reflexe und das Bestehen von Abenteuern entscheidend dafür wie gut das Spiel kontrolliert und somit beherrscht wird. Der von den Spielern angesprochene „Adrenalinfaktor“, sowie das Abtauchen in eine atmosphärisch dichte Geschichte, bezeichnet Fritz als „Flow“-Erlebnis, wobei die Spieler dem Spiel meist ihre volle Aufmerksamkeit und Konzentration widmen.
Es bleibt also festzuhalten, dass solche Spieler, wie die oben zitierten, für sich selbst in erster Linie kein moralisches Urteil über den Inhalt der Spiele fällen, da diesen Spielwelten, aus Sicht der Spieler, ein anderes Normenverständnis zu Grunde liegt, in welchem moralische Gesichtspunkte eine sehr untergeordnete Rolle spielen. „Die virtuelle Spielwelt ist (zunächst) eine von Ethik und Moral 'freie' Welt. Die Regeln des Spiels, die die Geschehensabläufe der virtuellen Welt bestimmen, folgen einer internen, am Spielprozess und ihren Wirkungen orientierten Logik und nicht einer moralischen Vorentscheidung.“ (Fritz 2004, S. 216).
Anders wiederum verhält es sich aus Sicht der Medienethik. Hier werden gewisse Darstellungen durchaus als moralisches Problem wahrgenommen. Auch in Bezug auf die Themen „Krieg“ und „Gewalt“ stellt sich hier die Frage, inwieweit selbst fiktionale Darstellungen legitimierbar sind. Auch das von „klauslog“, in der weiter oben zitierten Diskussion, hervorgebrachte Argument: „Du sollst nicht auf Menschen zielen“ könnte aus ethischer Sicht, selbst bei fiktionalen Darstellungen, durch die Unantastbarkeit der Menschenwürde begründet werden (vgl. Nagenborg 2006, S. 200). Ebenso wird diskutiert, ob vor allem die bei Kindern und Jugendlichen veränderten Moral- und Wertvorstellungen, wie dies bei oben zitierten Spielern ja zumindest in virtuellen Umgebungen der Fall zu sein scheint, auf einen ethischen Grundkonsens in der Gesellschaft Auswirkungen haben können (vgl. Nagenborg 2005, S. 756). Damit stellt sich wiederum die Frage der Verantwortung, welche aktuell in Bezug auf Computerspiele in der Öffentlichkeit und in der Politik rege diskutiert wird, wobei wie erwähnt auch über Verbote nachgedacht wird. Solange jedoch durch die Medienwirkungsforschung nicht geklärt ist welche Auswirkungen Computerspiele auf die Spieler haben, bleibt auch die Frage offen, ob und ggf. mit welcher Begründung, sich eine solche Verantwortung überhaupt übernehmen ließe (vgl. Grimm 2002, S. 30). Dies zu erörtern ist jedoch nicht Thema der vorliegenden Arbeit und müsste an anderer Stelle behandelt werden.
Die Frage welche moralischen Werte den Handlungen und Darstellungen in Computerspielen zu Grunde gelegt werden sollen, kann somit nicht einhellig beantwortet werden, da dies je nach Blickwinkel variiert. Eine solche Ausdifferenzierung von Moral ist hingegen nichts Neues. „Die Verflüchtigung einer an soziale Institutionen gekoppelten Moral geht mit dem Verlust eines gesellschaftlichen Konsens über einen einheitlichen Moralkodex einher. Eine Ausdifferenzierung und Individualisierung von Moral heißt jedoch nicht, dass es in unserer Gesellschaft keine Moral mehr gäbe, es heißt vielmehr, dass es verschiedene Moralen mehr oder weniger gleichberechtigt nebeneinander gibt.“ (Grimm 2002, S. 27). Insofern kann dies auch auf Computerspiele und ihre Nutzer im Vergleich zu Außenstehenden angewendet werden. Allerdings gibt es selbst unter Computerspielern teilweise sehr verschiedene Moralvorstellungen bzgl. des Inhalts von Computerspielen. Auch wenn einige Computerspieler ihren Spielen andere moralische Maßstäbe zugrunde legen als ihrer realen Lebenswelt heißt das nicht, dass Szenen wie der Angriff mit dem Baseballschläger auf Passanten in Grand Theft Auto: San Andreas von jedem Computerspieler völlig gleichgültig betrachtet werden. Solche Inhalte werden auch von manchen Computerspielern abgelehnt. In diesem speziellen Fall liegt es natürlich beim Spieler selbst, ob er die entsprechenden Aktionen überhaupt durchführen möchte. Es gibt aber auch durchaus Computerspiele, die zur Erreichung des Spielziels, nach Maßstäben unserer realen Lebenswelt betrachtet, entsprechend grausame Handlungen vom Spieler verlangen und solche Handlungen im Spiel auch belohnen. Spiele, die sich auf solche Handlungen beschränken werden in Deutschland jedoch in der Regel indiziert oder in Extremfällen sogar beschlagnahmt, wie dies z.B. im Falle des Spiels „Manhunt“ passiert ist. Derartige Computerspiele werden von einigen Spielern abgelehnt, manche spielen jedoch auch solche Spiele gerne. Andererseits mag es wiederum Spieler geben, die bspw. jegliche Gewaltdarstellungen in Computerspielen ablehnen. Inwieweit dies bspw. mit den einzelnen Spielertypen und den entsprechend favorisierten Spielarten zusammenhängt müsste in weiteren Studien näher beleuchtet werden. Laut Fritz „meiden die Spieler solche Spielinhalte, die ihren auf die reale Welt bezogenen Werturteilen deutlich widersprechen.“ (Fritz 2004, S. 216). Wie deutlich dieser Widerspruch sein muss, scheint von Spieler zu Spieler zu variieren. Diese Theorie würde allerdings erklären, warum bestimmte Spielinhalte auch von manchen erfahrenen Computerspielern abgelehnt werden. Im Umkehrschluss lässt sich jedoch nicht verallgemeinern, dass jemand der gerne Computerspiele spielt, die sinnlose Gewalt verherrlichen, auch im realen Leben sinnlose Gewalt befürwortet. Hier greift vielmehr die angesprochene These, dass moralische Gesichtspunkte in Computerspielen für manche Spieler keine Rolle spielen, da sich die Handlung im Computerspiel nicht auf reale Lebewesen bezieht und dies vom Spieler auch so wahrgenommen wird. Dies würde bedeuten, dass sich manche Computerspieler beim Spiel besser von moralischen Fragestellungen lösen können als andere. „Das Niederschießen einer anderen Spielfigur bedeutet nur das vorankommen im Spiel – nicht Tötung, Schmerz und Leid. Diese Gedanken werden von Spielern (oder Zuschauern des Spiels) hinzu gedacht. Sie stellen sich als Assoziationen zum Spiel meist unkontrolliert und spontan ein und lösen Wertentscheidungen aus, die sich auf die reale Welt, nicht aber auf die virtuelle Welt des Spiels beziehen.“ (Fritz 2004, S. 216).
Im Folgenden zwei Beispielaussagen von unterschiedlichen Spielern zu diesem Thema:
„Wenn ich z.B. per Mausklick irgendeine Frau vergewaltigen würde, das würd' ich nicht spielen. Oder ich durch die Spielfigur in die Rolle eines Nazis gedrängt werden soll oder irgendwelche rassistischen Tendenzen nachspiele, würde ichs's lassen.“ (Witting & Esser 2003, S. 38).
„Also, ähm ... Ethisch-moralische Bedenken hab ich bei keinem einzigen Spiel, sag ich jetzt mal. Also ich sag's jetzt mal ganz krass, wenn ich in einem Spiel ein Nazi wäre, der Juden erschießt, dann wär mir das vollkommen egal; weil ich bin kein Nazi. Wenn ich wüsste, dass ich mit dem Spiel eine neonazistische Organisation unterstütze, indem ich das erwerbe, würde ich es nicht spielen.“ (Witting & Esser 2003, S. 38).
Die beiden Beispiele zeigen, dass dem zweiten Spieler die Trennung von virtuellen Spielen und realen moralischen Wertvorstellungen anscheinend leichter fällt als dem ersten Spieler. Beide Spieler wurden von den Autorinnen als „Vielspieler“ eingestuft (mehr als 3,5 Spielstunden pro Woche). Auch wenn sonst keine näheren Angaben zu den Spielern vorhanden sind, lässt sich durch die regelmäßige Spielzeit zumindest sagen, dass beide wahrscheinlich ausreichend Erfahrung mit Computerspielen besitzen. In diesem Fall würde also die These zutreffen, dass nicht nur Zuschauer die Darstellungen in einem Computerspiel mit ihren moralischen Wertvorstellungen in der realen Welt verknüpfen, sondern in unterschiedlichem Maße auch einige Spieler. Dies ist sicher auch eine ganz natürliche Reaktion, Computerspiele verlangen jedoch im Grunde vom Menschen sich seiner natürlichen Empathie zu entledigen, da es hier kein Gegenüber gibt das sich empathisch erschließen ließe (vgl. Fritz & Fehr 2003, s. 56).
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Virtueller moralischer Kontext
Auch Ladas konnte feststellen, dass es erfahrenen Computerspielern, in Bezug auf Gewaltdarstellungen in Computerspielen, leichter fällt, sich von Wertvorstellungen aus der realen Lebenswelt zu lösen als anderen Spielern, „da diesen die starken Sinnunterschiede zwischen virtueller und ‚realer’ Gewalt aufgrund ihrer großen Spielerfahrung besonders deutlich bewusst sind“ (Ladas 2002, S. 323). Dennoch gelingt es sicher nur wenigen so gut wie dem zuletzt zitierten Spieler, solche Assoziationen derart außen vor zu lassen. Dies scheint auch den Spieleentwicklern durchaus bewusst zu sein. Deshalb wird in den meisten Spielen so etwas wie ein „virtueller moralischer Kontext“ erzeugt. Selbst wenn im Spiel „Prince of Persia“ der Prinz die Prinzessin aus den Fängen des Bösewichts befreien will und dabei dessen Handlanger zur Strecke bringen muss, liegt der Handlung so etwas wie eine fiktive Moral zu Grunde. Natürlich wird diese Moral erst vom Spieler hinzugedacht (oder auch nicht), die Entwickler können keine Moral in das Spiel selbst implementieren, aber sie können einen entsprechenden Rahmen schaffen, der solche Assoziationen zulässt.
Sehr häufig wird bspw. auf das Grundprinzip „Gut gegen Böse“ zurückgegriffen. Kämpft der Spieler, wenn auch nur virtuell, gegen das Böse, fällt es ihm leichter sich von empathischen Ansprüchen zu entlasten. Gegen die Bösen ist dabei jedes Mittel recht, auch und gerade die Gewalt. Dies macht laut Fritz & Fehr (2003) für viele Spieler auch einen besonderen Reiz am Spiel aus. Aber auch die Rolle des Bösen zu übernehmen kann für den Spieler ein Anreiz sein. Die alternative Realität der Computerspiele eröffnet dem Spieler die Möglichkeit Handlungen auszuprobieren, die für ihn in der Realität nicht in Frage kommen. Dazu gehört auch im Spiel aus gesellschaftlichen Konventionen und moralischen Normen auszubrechen, was für die Spieler legitim ist, da niemand dabei real zu Schaden kommt und sie selbst auch keine Konsequenzen zu befürchten haben. (vgl. Fritz 1995, S. 158)
Einige Spiele überlassen dem Spieler die Wahl, ob er lieber eine gute oder böse Rolle spielen möchte. Ein sehr anschauliches Beispiel hierfür ist das Computerspiel „Black & White“ und dessen Fortsetzung „Black & White 2“. Der von den Entwicklern implementierte, virtuelle moralische Kontext gehört dabei zu den grundlegenden Elementen der beiden Spiele. Dabei steht es dem Spieler völlig frei in welchem Maße er gut, böse oder auch neutral handeln will. Je nachdem welche scheinbar moralischen Entscheidungen er trifft, verändert sich die Spielwelt in der er handelt. Das Spielkonzept ist bei beiden Spielen gleich, der Spieler übernimmt die Rolle eines Gottes und herrscht dabei über die Entwicklung verschiedener Völker und einer speziellen, tierähnlichen Kreatur. Zudem werden dem Spieler verschiedene Aufgaben auferlegt, die er lösen muss. Dabei stehen dem Spieler verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung wie bspw. Zaubersprüche, oder er greift mit einer symbolischen Hand direkt in das Geschehen ein. Die Handlungsmöglichkeiten eröffnen dem Spieler sich scheinbar „gut“ oder auch „böse“ zu verhalten, bspw. kann er durch Zerstörung die Erfurcht eines Volkes gewinnen, oder dessen Zuwendung indem er ihnen hilft. Die Kreatur, die der Obhut des Spielers unterliegt, kann ebenfalls zum scheinbar „Guten“ oder „Bösen“ erzogen werden (z.B. mit Klapsen oder Streicheln). Je nachdem wie sich der Spieler verhält passt sich sowohl die virtuelle Spielwelt, als auch die Kreatur, einer dunklen oder einer fröhlichen Optik an (s. Abbildung 11 und Abbildung 12 ).
Abbildung 11: Spielumgebung bei "guter" Spielweise in Black & White 2 (Ownage.nl 2007)
Abbildung 12: Spielumgebung bei "böser" Spielweise in Black & White 2 (Ownage.nl 2007)
Der Publisher Electronic Arts gibt bei der Beschreibung des Spiels folgendes an: „Böse oder gütige Gottheit? Vor diese Wahl wird der Spieler gestellt, wenn er in Black & White 2 aufs Schlachtfeld zieht. Genau wie im erfolgreichen Vorgänger Black & White geht es in diesem Folgeprodukt um die Moral.“ (Electronic Arts 2007). Dieses Spiel ist ein gutes Beispiel dafür wie Spieleentwickler sich den natürlichen Drang des Menschen zu nutze machen, Entscheidungen unter Einbeziehung moralischer Werte zu treffen. Zudem wird eine Spielwelt geschaffen, die es dem Spieler ermöglicht, dem Reiz nach zu geben bewusst gegen moralische Normen zu verstoßen, ohne mit realen Konsequenzen rechnen zu müssen. Dennoch liegt auch diesem Computerspiel keine wirkliche Moral zu Grunde, die Entwickler haben es dem Spieler nur sehr einfach gemacht sich diese hinzu zu denken. Ob der Spieler dies auch macht bleibt letztendlich ihm überlassen, natürlich lässt sich dieses Spiel, wie alle anderen auch, genauso ohne jeglichen moralischen Bezug spielen.
Computerspiele wie Black & White, die dem Spieler die Wahl lassen eine scheinbar moralische Entscheidung zu treffen und dementsprechend auch den Spielverlauf ändern, sind eher selten anzutreffen. Daneben gibt es noch Spiele die aufgrund ihrer Handlung praktisch keine moralischen Assoziationen zulassen, wie z.B. eine Tennissimulation, oder reine Denk- und Geschicklichkeitsspiele wie z.B. Tetris. Wiederum anders verhält es sich meist mit Spielen, die auf einer Hintergrundgeschichte basieren, welche im Spielverlauf linear vorangetrieben wird. Hierbei wird dem Spieler meist eine bestimmte Rolle auferlegt, die er erfüllen muss, um im Spiel voran zu kommen (z.B.: Polizist, Freiheitskämpfer, Truppenführer, Söldner, Berufskiller, etc.). Damit einher geht meist auch eine vorgefertigte, scheinbar moralische Gesinnung des zu steuernden Spielcharakters. Spieleentwickler versuchen aber nicht immer moralische Assoziationsmöglichkeiten für den Spieler bereit zu stellen, auch wenn es die Handlung ermöglicht. Es gibt auch einige Beispiele bei denen versucht wird, solche Assoziationsmöglichkeiten explizit abzuschwächen. Beliebte Mittel sind dabei z.B. dass der Spieler nicht auf Menschen schießt sondern auf Roboter oder Außerirdische. Hintergrund ist dabei aber meist eher die Absicht sich den strengen Auflagen des deutschen Jugendschutzes anzupassen, um bspw. einer Indizierung zu entgehen, welche u. a. mit einem Werbeverbot einhergeht.
Ein weiterer Aspekt der Spiele wie Black & White mit sehr großer Handlungsfreiheit für Spieler attraktiv macht, ist wohl häufig auch schlichte Neugier. Wenn z.B. das Experimentieren im Vordergrund steht, um heraus zu finden was die Entwickler des Spiels als Reaktion auf entsprechende Handlungen implementiert haben, oder einfach um die Grenzen des Spiels zu testen. Was passiert wenn ich einen Vulkan neben dem Dorf zum Ausbruch bringe? Oder man probiert aus wie weit man einen dieser kleinen „Menschen“ werfen kann. In solchen Momenten wird der Spieler wohl kaum von moralischen Wertentscheidungen getrieben, stattdessen sieht er das Computerspiel lediglich als das was es ist: ein Spiel. Und er probiert aus, was mit diesem Spiel alles möglich ist. Jemand der z.B. in Grand Theft Auto: San Andreas einen Passanten mit dem Baseballschläger angreift wird dies zunächst wahrscheinlich einfach aus Neugier tun, um zu erfahren wie der Passant, oder der virtuelle Polizist der daneben steht, reagieren wird. Genauso wie er vielleicht versuchen wird mit einem Auto über ein Hausdach zu schanzen. Oder wie Counter-Strike:Source-Spieler, mit Hilfe der implementierten Physik, aus Langeweile anfangen mit einem Blecheimer Fußball zu spielen, wobei sie zuvor noch schnellstmöglich versucht haben sich gegenseitig virtuell auszuschalten (s. Abbildung 13 ).
Abbildung 13: Fußballspiel mit einem Blecheimer in "Counter-Strike" - Screenshot aus "Counter-Strike:Source" (Valve Corporation)
In seinem Artikel über Grand Theft Auto 3 (GTA3, einer der Vorgänger von Grand Theft Auto: San Andreas) beschreibt der Spieledesigner und Produzent Gonzalo Frasca, hierbei selbst aus der Sicht als Spieler, sehr anschaulich wie eine gewisse Handlungsfreiheit die Fantasie des Spielers anregen kann, um Dinge zu tun, die mit der eigentlichen Handlung des Spiels nichts zu tun haben und trotzdem jede Menge Freude bereiten können. „Yet, most of the time, I enjoyed using the environment as a giant laboratory for experimentation, where I could test the system’s boundaries and set my own creative goals.“ (Frasca 2003). Er betont dabei das es in GTA3, anders als in den meisten Rollenspielen, kein „Gut“ und „Böse“ gibt, sondern im Grunde das gesamte Spiel in einer scheinbar unmoralischen Welt spielt. „Not only can you control a crook but you also do it within an immoral environment. The PS2 Playstation 2, eine Spielkonsole

game version’s back cover warns you against 'mob bosses,' 'crooked cops' and 'street gangs': there are no good guys in Liberty CityLiberty City heißt die virtuelle Stadt in der GTA3 spielt.

. [...] you control a violent protagonist in a violent world“ (Frasca 2003). Dazu kommt das in dem Spiel praktisch kein Dialog mit den meisten computergesteuerten Figuren möglich ist, wie dies sonst in Rollenspielen häufig der Fall ist. Dies führe laut Frasca zu einer zusätzlichen „Entmenschlichung“ der Figuren. „I guess this is fine, since nobody wants to think about humanitarianism when you are crushing those guys' heads with a baseball bat“ (Frasca 2003). Er beschreibt also, dass das Spiel Spaß macht, gerade weil in dieser scheinbar „bösen“ Welt so viel möglich ist und weil man dabei keine moralischen Bedenken haben muss. Die „Grand Theft Auto“ Reihe hat sich übrigens sehr gut verkauft und der nächste Nachfolger ist geplant.
Abbildung 14: Screenshot des Spiels 'Grand Theft Auto 3' (gouranga 2007)
Die bisher gewonnen Erkenntnisse zeigen, dass Computerspiele von ihren Nutzern zunächst einmal häufig anders wahrgenommen werden als von Außenstehenden. Eine moralische Reflexion scheint dabei während des Spiels nur selten statt zu finden, da Spieler in der Regel solche Spiele spielen, oder die entsprechenden Spielweisen wählen, die für sie keine moralische Bedenken auslösen. Es findet sozusagen eine Vorauswahl statt die sicherstellen soll, dass der Spieler ohne innere Konflikte sein Spiel genießen kann. Dies ist ein Prozess der nur den Spieler selbst betrifft. Anders dagegen verhält es sich wenn sich Computerspieler in einem gesellschaftlichen Kontext, außerhalb des Spiels befinden. Im Austausch mit anderen Personen findet bei einigen Spielern sehr wohl eine Reflexion statt. Und diese ist längst nicht nur auf die Gewaltdiskussion beschränkt.
Die Untersuchung hat ergeben, dass sich Computerspieler über die verschiedensten Aspekte rund um Computerspiele Gedanken machen, wobei sich diese Arbeit auf moralische Gesichtspunkte beschränkt. Es ist jedoch nicht Sinn dieser Arbeit, alle erdenklichen ethischen bzw. moralischen Aspekte, die je von Computerspielern in Zusammenhang mit Computerspielen aufgegriffen wurden, abzuhandeln, zumal dies gar nicht möglich wäre. Deshalb sollen im Folgenden, neben den bisher behandelten Beispielen, nur einige weitere Aspekte exemplarisch aufgegriffen werden.
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Medienkompetenz
Wie bereits zu Anfang dieses Unterkapitels dargestellt wurde, äußern viele Spieler ihren Unmut über einseitige und mit Vorurteilen behaftete Kritik über Computerspiele, wie sie z.B. von einzelnen Vertretern innerhalb der Medien oder der Politik vorgebracht wurde. Etwas, das von Spielern in diesem Zusammenhang relativ häufig angeprangert wird ist mangelnde Medienkompetenz, besonders in Bezug auf Computerspiele. So wird manchen Berichterstattern, Politikern oder auch anderen Kritikern vorgeworfen, über etwas zu urteilen, mit dem sie sich selbst entweder gar nicht oder nur ungenügend auskennen. In einem Interview mit Spiegel Online gibt der CDU-Politiker und Innenminister von Niedersachsen Uwe Schünemann an, er habe Zweifel ob die Selbstkontrolle der Unterhaltungssoftware funktioniere. Er fordert ein Herstellungs- und Verbreitungsverbot für „extreme Gewaltdarstellungen“ in Computerspielen. Bei offensichtlich extremen Inhalten halte er eine wissenschaftliche Begründung für deren Wirkung für überflüssig. Dabei gibt er jedoch an selbst „kein Experte“ für Computerspiele zu sein und auf die Frage was denn ein gewaltverherrlichendes Onlinespiel sei, kann er aus dem Stand keines nennen. „Inspiriert hätten ihn zu dem Vorstoß Recherchen des ZDF-Magazins 'Frontal 21'.“ (Stöcker 2006). Die Aussagen von Herrn Schünemann stoßen dabei auf harsche Kritik. Unter den Kommentaren zu diesem Artikel finden sich unter anderem folgende Aussagen:
 „Wer als Politiker solches Kauderwelsch von sich gibt, obwohl er selbst zugibt keine Ahnung zu haben, der soll wieder dahin gehen wo er her kommt.“ (Tsuran 2006). Weiter wird in dem Kommentar indirekt darauf hingewiesen das die Aussagen Schünemanns weder sachlich noch kompetent seien, „von ihnen [Herr Schünemann] kann bzw. MUSS ich etwas anderes erwarten.“ (Tsuran 2006).
„wer sich auf Frontal21 oder Bild [Zeitung] beruft, sollte seinen Beruf an den Nagel hängen“ (Tory 2006).
Ein Spieler würde sich über ein „'Anti-Inkompetenz-Gesezt' für Politiker“ (Rizzorat 2006) freuen. „Ich finds gelinde gesagt ne Frechheit, wie von unqualifizierten Leuten mein Hobby schlecht gemacht wird, wenn die nicht den blassesten Dunst haben wovon sie reden.“ (Rizzorat 2006).
An anderer Stelle vergleichen Spieler die öffentliche Kritik auch mit Kritiken wie sie in früheren Zeiten an anderen Medien geübt wurden: „Ich glaube, alle neu auftauchenden Medien wurden bisher eine Zeitlang als gefährlich verdammt. Das war so bei Comics und Fernsehen. Und ich glaube, auch in der Anfangszeit des Kinos und beim Aufkommen der Romanliteratur.“ (Krizz 2006).
Des Weiteren werden häufig schlichte Falschaussagen über Computerspiele in den Medien angeprangert. In einem Online-Artikel hat Melanie Richter einige solcher Medienberichte zitiert. So wurde angeblich in der Rheinischen Post im Jahr 2002 berichtet, dass in dem Computerspiel „Counter-Strike“ auf Schulmädchen geschossen wird. Auch in der Hamburger Allgemeine hieß es im Jahr 2002 angeblich, dass Großmütter mit Kinderwagen sowie Schulmädchen in Counter-Strike Extrapunkte bringen würden. In besagtem Computerspiel kommen allerdings weder „Großmütter mit Kinderwagen“ noch „Schulmädchen“ vor. Mit diesen und weiteren Beispielen prangert die Autorin die Berichterstattung der Journalisten an und versucht Falschaussagen richtig zu stellen. Dabei wird den Berichterstattern mangelnde Medienkompetenz im Bereich der Computerspiele bzw. schlicht schlechte Recherche vorgeworfen. Weiter heißt es, es handle sich um „mit Vorurteilen behaftete und plakativ negative Artikel, wenn es um die Darstellung von Computer- und Videospielen und den dazu gehörigen Communitys geht“ (Richter 2006).
Neben dem Argument das „diese schlechte Berichterstattung in der reinen Unwissenheit der Journalisten liegt“ (Steppenwolf 2006), sind einige auch der Überzeugung, dass manche Berichterstatter absichtlich das Thema dramatisieren, und dabei auch nicht vor Fehlinformationen zurückschrecken, um die Absatzzahlen zu steigern. „Es scheint weder im Interesse irgendwelcher Redakteure noch in dem der Reporter zu liegen, wie sorgfältig recherchiert wurde und wie wahrheitsgemäß der Artikel im Endeffekt wird - das, was zählt, sind meistens die Verkaufszahlen. Diese Fehlinformationen wurzeln doch auch nur in der geradezu typisch menschlichen Gier und Sensationsgeilheit.“ (mystic 2006).
Interessant ist übrigens auch, dass manche Spieler angeben festgestellt zu haben, dass bei manchen TV-Sendern, die u. a. kritisch über Computerspiele berichtet haben, wiederum in den Werbepausen Angebote für ähnliche Spiele auftauchen würden. „Aber nebenbei macht der eine oder andere TV Sender Werbung für Spiele die doch recht brutal rüberkommen. [...] das ist doch wieder so eine doppelmoral“ (Mach007 2006).
Auch bei Eltern wird von einigen Spielern häufig ausreichende Medienkompetenz in Bezug auf Computerspiele vermisst: „Die Eltern haben natürlich meist keine Ahnung vom PC und den Spielen“ (Shadow_Man 2006).
„Das ist nämlich ein Problem heute: Viele Eltern haben partut keine Ahnung, was die Kinder am Rechner treiben und weil beschäftigte Kinder auch keine Zeit zur Erziehung kosten, sehen leider viel zu viele Väter und Mütter dies als Zeichen, mehr persönliche Freizeit zu gewinnen.“ (Michael Giertz 2006).
Damit deutet der Spieler auch schon, an was viele Spieler ebenfalls kritisieren, nämlich mangelndes Verantwortungsbewusstsein von Eltern und Händlern bei der Umsetzung des rechtlichen Jugendschutzes.
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Verantwortung im Bereich Jugendschutz
Die Untersuchung hat ergeben, dass viele Spieler mit den aktuellen Regelungen zur Umsetzung des Jugendschutzes in Deutschland durchaus einverstanden sind. Eine weitere Verschärfung durch rechtliche Beschränkungen halten viele allerdings für überzogen, sie sehen vielmehr Nachholbedarf bei der Umsetzung der vorhandenen Regeln:
„Und jetzt sind auch mal die Eltern gefordert, jedesmal nur in den Chor miteinstimmen anstatt sich mit seinen Kindern und ihren Hobbies auseinanderzusetzen ist der falsche Weg. Und den Spruch wir haben keine Zeit uns auch noch darum zu kümmern ist eine Ausrede, meine Eltern hatten beide Fulltime Jobs und wussten aber genau was ich zuhause gemacht bzw was ich z.B. auf der Konsole gespielt habe. Kinder brauchen logischerweise Regeln aber um die Umsetzung muß sich nicht der Staat sondern die Eltern kümmern.“ (Moggele 2006).
„Erziehungsberechtigte sollten sich in der PFLICHT sehen, den (Medien)Konsum ihrer Schützlinge im Blick zu behalten“ (Muffin Man 2006).
Selbst der Papst hat sich jüngst, anlässlich des Welttages der sozialen Kommunikationsmittel am 24. Januar 2007, gegen die Produktion von Programmen – einschließlich Filme und Video-Spiele – ausgesprochen, „die im Namen der Unterhaltung Gewalt verherrlichen und antisoziales Verhalten oder die Banalisierung menschlicher Sexualität darstellen“ (BENEDICTUS PP. XVI 2007). Er betitelte dies als Perversion und es sei „um so abstoßender, wenn diese Programme für Kinder oder Jugendliche gemacht werden.“ (BENEDICTUS PP. XVI 2007). Ein Spieler zitiert dazu einen weiteren Auszug aus der Rede des Papstes: „'Kinder zur Unterscheidungsfähigkeit in der Nutzung der Medien zu erziehen ist die Verantwortung von Eltern, Kirche und Schule. Die Rolle der Eltern ist von vorrangiger Bedeutung. Sie haben das Recht und die Pflicht, die kluge Nutzung der Medien sicherzustellen, indem sie das Gewissen ihrer Kinder bilden, um zu gesunden und objektiven Urteilen zu kommen, die sie dann bei der Wahl oder Zurückweisung verfügbarer Programme leiten...' Schön gesagt, auch wenn der Papst nicht dafür spricht, sieht er aber bei wem die Verantwortung liegt.“ (M3LL0W 2007).
Etwas weiter geht der folgende Spieler: „Ich bin absolut gegen ein verbot von 'Killerspielen'. Sicherlich ist es von Bedeutung Kinder vor Gewaltspielen zu schützen, aber das sollte doch Sache der Verkäufer sowie Eltern sein. Immerhin nimmt man so auch Erwachsenen die Möglichkeit diese Spiele zu kaufen. Es ist doch keine legitime Lösung für das Versagen von Verkäufern und Eltern andere erwachsene Menschen zu bestrafen, indem auch diese nicht mehr die Möglichkeit haben diese Spiele zu kaufen. Für mich gibt es kein Argument was dieses rechtfertigt. Zumal es nicht nur 'Killerspiele' gibt, bei denen die Altersbeschränkung nicht beachtet wird, sondern auch bei Waren wie Alkohol und Zigaretten. Werden diese vielleicht auch noch verboten ?“ (Shanon 2005). Er sieht hierbei also nicht nur die Verantwortung von Händlern und Eltern gefordert, sondern hält zudem ein Verbot bestimmter Spiele zur Durchsetzung des Jugendschutzes für nicht gerechtfertigt, da hiervon auch erwachsene Spieler betroffen wären. Im Folgenden sollen derartige Aspekte ebenfalls aufgegriffen werden.
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Grundrechte
Einige Spieler machen deutlich, dass sie gewisse Grundrechte besitzen, welche sie bspw. durch ein Spieleverbot gefährdet sehen: „Ich gebe dir Recht, wenn du sagst, dass gewissen PC Spiele nicht in die Hände von Jugendlichen und Kindern geraten sollen. Das ist aber schon längst der Fall. Deutschland hat den stärksten Jugendschutz der Welt, was das betrifft. Aber ich lasse mir als Volljähriger nicht mein Recht auf freie Entfaltung meiner Persönlichkeit durch ein Herstellungs-, Verbreitungs-, und sogar Nutzungsverbot Zeitweise war in der Politik auch der Vorschlag im Gespräch den Besitz und die Anwendung von entsprechenden Spielen unter Strafe zu stellen (vgl. Fischer 2006), von diesem Vorhaben ist man aber inzwischen wieder abgekommen.

solcher Spieler einschränken. [...] Auch wenn es Leuten nicht passt, wie ich mich entfalte, solange ich damit niemandem schade, habe ich ein Recht darauf.“ (bingo 2006b).
„Irgendwie wird bei der ganzen Diskussion immer vergessen, daß die geplanten Verbote nicht nur jugendliche, sondern alle Spieler betreffen würden. Selbst dieser Amokläufer was ja wohl volljährig? Warum wird immer mit Jugendschutz argumentiert, wenn es in Wirklichkeit doch auf staatliche Zensur für alle hinauslaufen soll?“ (Cry_Baby 2006).
„Beste Beispiel ist das Game 'Dark Messiah'. Stufen es ab 18+ ein, was vollkommen ok ist, aber warum zum Geier ist es immernoch geschnitten ? Traut man mir als Erwachsener nichts zu ?“ (avril|L 2006). Der Spieler spricht hier den bereits angesprochenen Fall an, dass viele Entwickler aufgrund der strengen Jugendschutzgesetze in Deutschland speziell für den deutschen Markt „entschärfte“ Versionen einiger Spiele anfertigen. Der Spieler fühlt sich hierdurch anscheinend bevormundet.
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Kritik unter Spielern
Die bisherigen Ergebnisse haben sicher gezeigt, dass Computerspieler durchaus als Gemeinschaft auftreten können und in bestimmten Belangen auch überwiegend einer Meinung sein können. Daneben gibt es natürlich wieder gewisse Unterschiede zwischen einzelnen Spielertypen, aber auch wenn gemeinschaftliches Auftreten gefordert ist scheinen sich nicht alle Spieler unreflektiert den Meinungen Anderer anzuschließen. Äußerungen werden auch unter Spielern von einigen immer wieder kritisch betrachtet und hinterfragt.
Wie bereits festgestellt wurde wehren sich Computerspieler häufig dagegen, wenn sie mit Vorurteilen von Außenstehenden konfrontiert werden. Andererseits kritisieren einige Spieler auch immer wieder, dass manche Spieler selbst voreingenommen sind. Manche Spieler lassen sich bspw. immer wieder dazu hinreißen aufgrund einzelner Meinungsäußerungen eines Politikers dessen gesamte Partei zu kritisieren. Die bereits erwähnte Forderung des CSU Politikers Günther Beckstein, „Killerspiele“ in der Größenordnung von Kinderpornographie einzuordnen damit es spürbare Strafen gebe, kommentiert ein Spieler sichtlich aufgebracht sehr emotional und erklärt zudem: „Alles klar - Jede Partei die ein 'C' in Ihrem Namen hat wird Definitiv weiterhin nicht mehr gewählt!“ (DingoRE 2006). Ein anderer Spieler entgegnet darauf, dass es innerhalb einzelner Parteien durchaus auch unterschiedliche Meinungen zum Thema gibt (vgl. LordMephisto 2006). Ein zweiter Spieler entgegnet: „Bei Gamern zählen eben häufig auch nur Stereotypen“ (Boesor 2006). An anderer Stelle äußert sich ein Spieler folgendermaßen: „hier regen sich alle auf über die 'vorverurteilenden' politiker. aber mehr als mit dem finger auf andere zeigen können die meisten hier aber auch nicht.“ (sparvar 2007).
Ebenso wurde bereits dargestellt, wie viele Spieler häufig reagieren wenn Computerspiele in Medienberichten übertrieben negativ dargestellt werden, oder dabei auch Fehlinformationen über Computerspiele vermittelt werden. Dabei befürchten einige Spieler auch oft, dass Menschen die keine Erfahrung mit Computerspielen besitzen, sich evt. von solchen Berichten zu sehr beeinflussen lassen könnten. Manche Spieler haben in diesem Zusammenhang dagegen darauf hingewiesen, dass sich vielleicht einige Spieler bei Medienberichten über andere Themen selbst auch gutgläubig beeinflussen lassen könnten. Dabei kritisieren sie auch eine allgemein fehlende Reflexion bei manchen Spielern: „Fast jeder hier regt sich über die Medien und ihre Darstellung des Sachverhalts, der Gründe des „Amoklaufs“ [in Emsdetten] auf. Schon mal in euch gegangen, wie sehr wir uns alle eigentlich davon in fast jedem Teil unseres Lebens beeinflussen lassen? CS hat keine Schuld an der Tat, das wissen die Insider hier. Trotzdem verurteilen wir in anderen Bereichen genau so, aufgrund zensierter und desinformierender Berichterstattung [...] Mir tut es um den jungen Mann leid. Er hatte nicht Unrecht mit seiner Darstellung unserer menschlichen Gemeinschaft und war auch ganz sicher nicht dumm (Hinweis)Die Aussage bezieht sich höchstwahrscheinlich auf die Äußerungen des Täters, welche dieser im Internet teilweise absichtlich hinterlassen hat. Dabei ist insbesondere der „Abschiedsbrief“ zu nennen, in dem er vor allem eine Kritik an der Gesellschaft äußert. Der Brief kann u. a. hier nachgelesen werden.

. Leider nur machen sich diese Gedanken zu wenige – Hauptsache ihr CS läuft morgen noch.“ (McManiac123 2006).
An anderer Stelle kritisiert ein Spieler, dass „gängige Spieleseiten“ im Internet zu unreflektiert über Computerspiele berichten würden: „Fast alle Seiten machen sich damit zum Erfüllungsgehilfen der Spieleindustrie, liest man sich die bekannten Internet Seiten durch, habe ich oft das Gefühl in einem Werbeprospekt ohne SInn und Verstand zu blättern. Ich will keine Moralapostel Seiten, aber eben auch keine Einwegkommunikation, die alle Neuerscheinungen als Teil einer supertollen Scheinwelt in den Himmel lobt und nach Tauglichkeit der bestmöglichen Ablenkungsqualitäten bewertet, und unabhängig von den restlichen Lebenswelten als den geeignetsten Lebenszeitvertreib hinstellt. Fakt ist, dass der PC- und Internetkonsum für Individuen und imo [in my opinion] inzw. Gruppen von Jugendlichen zu einem Lebensinhalt werden kann, der andere lebenswichtige und zukunftssichernde Prioritäten verdrängt. Unrefklektierte Berichterstatung über achsotolle Spiele gibt dieser Gruppe das rechtfertigende Gefühl, das Richtige zu machen, die andern machen es schlielich auch. [...] auf jeden Fall sollte man alle Welten immer kritisch hinterfragen, selbst wenn sie einem gefallen.“ (fakjoo 2005).
Ein anderes Beispiel zeigt eine sehr ausgeprägte Diskussion unter Spielern, wobei u. a. auch die Themen Recht und Moral auftauchen. Auslöser war ein Bericht über eine Abmahnung, welche von der GIGA Digital Television GmbH an die Freaks 4U GmbH gestellt wurde (vgl. Jensen 2006). GIGA ist ein TV Sender, der sich auf die Themen Computer und Internet fokussiert. Freaks 4U betreibt unter dem Label „Gamesports“ sowohl Audio- als auch Videostreams im Internet mit dem Schwerpunkt Computerspiele bzw. E‑Sports. Dabei haben beide in der Vergangenheit u. a. über E‑Sport Ereignisse berichtet, wobei die Spiele auch technisch aus Sicht der Spieler gezeigt werden, sprich der Bildschirminhalt des jeweiligen Spiels ist zu sehen. Zu den gezeigten Spielen gehören auch Spiele, die von der USK erst ab 16 Jahren freigegeben worden sind. Der Vorwurf von GIGA lautet, Gamesports habe sich einen unlauteren Wettbewerbsvorteil verschafft, indem Gamesports den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag missachte. Hintergrund ist, dass GIGA entsprechende Inhalte erst ab 22 Uhr zeigt. Daneben betreibt GIGA einen zweiten Sender, der entsprechendes auch früher sendet, aber auf dessen Inhalte nur über ein Verifikationstool zur Überprüfung des Alters zugegriffen werden kann, womit theoretisch nur Zuschauer über 16 Jahren zugelassen werden. Gamesports hingegen hat seine Inhalte per Internetstream rund um die Uhr frei zur Verfügung gestellt.
Aufgrund der Berichterstattung über die genannte Abmahnung entbrennt eine Diskussion unter den Spielern in den zugehörigen Kommentaren. Grundsätzlich werden dabei Stimmen laut, die es sowohl in Bezug auf den Wettbewerb als auch auf den Jugendschutz als gerechtfertigt ansehen, Gamesports abzumahnen, da auch diese sich an geltendes Recht zu halten hätten. Andererseits sehen es viele auch als Rückschritt, vor allem für die Entwicklung des E‑Sports, wenn die Unternehmen gegeneinander vorgehen, anstatt an einem Strang zu ziehen, zumal dies auch weitere Folgen für andere Spielinhalte im Internet haben könnte. Zudem verhalte sich GIGA unmoralisch gegenüber ihren Kollegen, da sie, mit dem Jugendschutz als Alibi, nur aus Profitgier handeln würden, um einen Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Und das, obwohl beide Unternehmen, gemeinsam mit anderen Vorreitern innerhalb der E‑Sports-Szene, erst das Fundament geschaffen hätten, ohne das auch GIGA heute das angebotene Format überhaupt nicht hätte vermarkten können. Dazu im Folgenden nur einige kurze Beispiele aus der sehr umfangreichen Diskussion:
 „Muss das Recht gleich richtig sein? Nach dem Gesetzbuch haben sie recht sicherlich, aber ist der Esport den so weit das das moralische nicht mehr zählt?“ (JOAN 2006).
 „und was soll das mit der moral? was ist moralisches verhalten? z.b. der schutz der arbeitsplätze der eigenen mitarbeiter vor konkurrenten, die sich nicht an die spielregeln des wettbewerbs halten wollen und so möglicherweise den erfolg des eigenen unternehmens am markt gefährden...ja, das ist auch moralisch korrektes verhalten.“ (RvM 2006).
“1. Rechtlich gesehen geht GIGA korrekt vor 2. Moralisch gesehen ist es eine ziemliche Frechheit“ (peters 2006).
Eine Antwort dazu lautet: „Ahja, moralisch richtig ist aber das Töten von (virtuellen) Menschen/Polizisten/Zivilisten in Computerspielen... Will damit sagen, du hast anscheinend nicht kapiert, um was es hier geht...“ (ghost17 2006). Der Spieler will anscheinend damit andeuten, dass zwar einige Spieler die Abmahnung aus bereits genannten Gründen als unmoralisch betrachten, er selbst betrachtet es dagegen aber als unmoralisch entsprechende Spielszenen Kindern und Jugendlichen zugänglich zu machen.
„Das ist doch Quatsch. Es geht nur darum die gesetzlichen Auflagen zu erfüllen (was Gamesports auch tun sollte), nicht darum aus lauter Ehre und Moral die Jugend zu schützen“ (madmax 2006).
„Klar es sind 2 konkurrenten, aber in erster line sollte man den esports fördern und bekannter machen als sich jetzt schon fertig zu machen....“ (KeyC 2006a).
„in einer gesunden Marktwirtschaft ist es unumgänglich Konkurenten auszustechen, bzw zu übernehmen. Und wer jetzt denke das wäre unrecht, kann gleich nach Nordkorea auswandern und versuchen den Kommunismus zu leben.“ (Iceage 2006a).
„GameSports bzw F4U hat lange versucht mit TE [Turtle Entertainment GmbH, ist beteiligt an GIGA] bzw GIGA zusammen zu finden um gemeinsam dem eSport zu helfen und trotzdem seine Interessen zu wahren und dann kommt sowas. Hier geht es nicht um reine Wirtschaft egal wie wirtschaftlich orientiert GIGA ist, hier geht es um Moral die im eSPort dazugehören sollte, vor allem in dieser Phase.“ (AsK 2006a).
Eine Antwort dazu lautet: “Moral zu predigen ist ebenso leicht als Moral zu begründen schwer ist. Nietzsche“ (Iceage 2006b).
Folgender Spieler bezieht sich auf das Nietzsche Zitat und versucht die moralischen Vorwürfe zu begründen, dabei stellt er fest: „Da hier 2 welten aufeinander treffen ist das nun schwer zu differenzieren...Den im internet bzw im eSports herschen ander Normen grundregeln ect, als dadrausen...“ (KeyC 2006b).
Einige Spieler vertreten die Meinung, dass gesetzliche Regelungen schlichtweg eingehalten werden müssten, darauf entgegnet ein Spieler folgendes: „Ich bin übrigens ganz gerührt von der Gutgläubigkeit von Sätzen wie 'Gesetz ist Gesetz.' oder 'Diese Gesetze werden schon einen Sinn haben.'. Da liest immer wieder, wie sehr öffentliche Institutionen an Glaubwürdigkeit verloren haben. Und dann scheint es doch bei einigen noch grenzenloses Vertrauen in Legislative und Judikative zu geben. Wie süß!“ (Ron Sommer 2006).
„das hier irgendwas illegal ist, steht doch rechtlich nichtmal fest, das zum einen - zum anderen, sollte eine Firma die sich mit dem esport beschäftigt nicht die moralischen Aspekete vergessen, eigentlich solte es keine Firma und auch GIGA und TE leben davon, dass das Internet eben rechtliche Grauzonen hat - das wissen wir doch alle!! […] esport Unternehmen bekriegen sich anstatt zusammenzuarbeiten und der eSport macht einen großen Schritt zurück.“ (AsK 2006b).
„Bei der ganzen Aktion werden sich im Endeffekt eh nur wieder die Anwälte freuen. […] und wir, die Konsumenten, ziehen die Arschkarte...“ (Maschine 2006).
 „Das von Giga eingesetzte Jugendschutzsystem ist völlig unzureichend und von ihnen absichtlich so gewählt, dass es besonders leicht von der minderjährigen Zielgruppe umgangen werden kann - sehr scheinheilig und betrügerisch in meinen Augen.“ (bnf 2006).
 „Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut (Laotse, chin. Philosoph, 4-3 Jhd. v. Chr.) […] Wenn der esport anerkennung finden soll und nicht immer weiter ein Schauplatz für Schaukämpfe der Politiker sowie der ESport fördernden, dann muss ein konsenz gefunden werden und für alle gleiche richtlinien und gesetze gelten. […] am ende werden die sportler davon profitieren und die community. Denn ein Fairer Wettbewerb muss überall herrschen...” (NoA | Thabeus 2006).
Bisher gab es dazu 293 Kommentare. Dabei wird wiederum deutlich, dass es auch unter Spielern sehr kritische Diskussionen gibt, aber auch das einige Spieler auf mehreren Ebenen in Bezug auf Computerspiele reflektieren.
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Weitere moralische Aspekte
Es wurden in den Ergebnissen der Untersuchung nun einige Themen vorgestellt, zu denen sich Computerspieler geäußert haben. Im Folgenden sollen noch einige, von Spielern eingebrachte Themen, genannt werden, die innerhalb der Untersuchung ebenfalls aufgefunden wurden. Aufgrund des Umfangs sollen diese hier aber nicht mehr näher behandelt werden. Zusammen mit den bisher genannten Themen soll damit lediglich die Vielfalt der aufgegriffenen Aspekte der Spieler verdeutlicht werden. Sicher gibt es daneben noch etliche andere Themen die hier nicht genannt werden. Zu den weiteren Aspekten zählen:
  • Die Rolle von Computerspielen, Waffen, Menschen und Gesellschaft bei der Frage nach den Ursachen besonderer Gewalttaten
  • Wird Ursache und Wirkung vertauscht in Bezug auf Computerspiele und Gewalt?
  • Deutscher Jugendschutz im Vergleich mit geringerem Jugendschutz und dessen Wirkung in anderen Ländern
  • Sinn eines Computerspieleverbots im Vergleich mit „legalen“ Gefahren wie z.B. Zigaretten, Alkohol, Straßenverkehr
  • Maß der Bedeutung von Computerspielen im Leben von Spielern
  • Wirkung von Computerspielen auf den Spieler
  • Wirkung von übermäßiger Beschäftigung mit dem Computer und Computersucht
  • Wirkung von sonstigem Medienkonsum
  • Behinderte am Computer bzw. im E‑Sport
  • Das Brechen von Regeln oder unfaires Verhalten innerhalb von Multiplayerspielen, wie z.B. Betrug im Wettkampf (cheaten)
Damit sind die Ergebnisse im ersten Teil der Untersuchung abgeschlossen. Dabei wurden häufig ebenfalls Äußerungen gefunden, in denen eine Vertretung der Spielerinteressen in der Öffentlichkeit gewünscht wird. Somit soll im zweiten Teil der Untersuchung der Frage nachgegangen werden, welche Formen der Interessensvertretung für Computerspieler in der Öffentlichkeit existieren und wie diese von den Spielern bewertet werden.
weiterlesen: 3.2.2 Interessensvertretung
2007 von Oliver Klopfertop
Computerspiele im moralischen Urteil ihrer NutzerHomeImpressumKontakt
Vorwort Kurzfassung Inhalt Abbildungen Abkürzungen 1 Einleitung 2 Computerspiele und ihre Nutzer 3 Empirische Untersuchung 4 Zusammenfassung 5 Fazit und Ausblick Anhang A: Counter-Strike Anhang B: BPJS Entscheidung Quellenverzeichnis Danksagung