4 Zusammenfassung der Ergebnisse
Die Untersuchung wurde in zwei Forschungsbereiche geteilt, zunächst galt es zu klären, ob Computerspieler sich moralisch in Bezug auf Computerspiele äußern und wenn ja, inwiefern dabei ethische Gesichtspunkte aufgegriffen werden. Dies sollte Aufschluss darüber geben, ob unter Computerspielern eine ethische Reflexion in Bezug auf Computerspiele stattfindet. Des Weiteren galt zu klären, inwiefern Meinungen von Computerspielern nach außen getragen werden, bzw. ob Interessensvertreter etwaige Spielermeinungen im Sinne der Spieler in die Öffentlichkeit transportieren.
Der erste Teil der Untersuchung hat zunächst einmal deutlich gezeigt, dass viele Computerspieler ihre Meinung in Bezug auf moralische Aspekte bei Computerspielen aktiv zum Ausdruck bringen. Dabei konnte ebenfalls festgestellt werden, dass ein Großteil der Spieler zunächst einmal seine Meinungen individuell und innerhalb der Spielergemeinschaft hervorbringt. Dennoch wurde deutlich, dass Computerspieler sich dabei häufig als Gemeinschaft wahrnehmen und auch entsprechend argumentieren. Viele Äußerungen lassen dabei den Schluss zu, dass sich einige Spieler zunächst häufig in einer Art Schutzreaktion gegen Kritik aus der Öffentlichkeit verteidigen. Eine umfassende Reflexion des Sachverhalts scheint dabei nicht immer stattgefunden zu haben. Andererseits verdeutlichen verschiedene Spieleräußerungen wiederum, dass einige Spieler sich auch wesentlich eingehender mit dem entsprechenden Thema auseinandersetzen, was dementsprechend auf eine gewisse Reflexion schließen lässt. Auch in der Diskussion mit Außenstehenden scheinen einige Spieler ihre Meinung möglichst gut mit nachvollziehbaren Argumenten untermauern zu wollen, wobei ebenfalls von einer gewissen Reflexion ausgegangen werden kann. Dabei ist festzustellen, dass je nach Spieler die Reflexion auf unterschiedlichen Ebenen stattfindet. Inwiefern dabei bspw. das Alter des Spielers eine Rolle spielt, müsste in weiteren Untersuchungen festgestellt werden. Sehr deutlich wurden die unterschiedlichen Reflexionsgrade auch in der Kritik, welche unter den Spielern selbst stattfindet. Teilweise entstehen daraus sogar szeneinterne Diskussionen, welche die Spieler evt. dazu animieren, das Thema nochmals aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, sowie sich eingehender mit dem Thema zu befassen.
Erwähnenswert ist dabei auch, dass die Auseinandersetzung mit bestimmten Themen unter manchen Spielern anscheinend dazu führt, dass auch in anderen Lebensbereichen einige Sachverhalte kritischer betrachtet werden als zuvor. So haben sich Spieler, angestoßen durch die öffentliche Diskussion, bspw. eingehend mit den Ursachen von realer Gewalt befasst und diese hinterfragt. Ebenfalls deutlich wurde diese Transformation auf andere Lebensbereiche bei der vorgebrachten Medienkritik in Bezug auf Medienberichte über Computerspiele, was dazu geführt hat, dass einige Spieler auch Medienberichte zu anderen Themen deutlicher hinterfragen. Ähnlich verhält es sich mit politischen Aussagen, vielleicht wurden einige Spieler dadurch, dass das Thema Computerspiele in der Politik behandelt wird, überhaupt erst auf politische Themen aufmerksam gemacht. Allerdings muss hierbei erwähnt werden, dass besonders die von einigen Politikern teilweise recht harte Kritik an Computerspielen, die häufig von den Medien aufgegriffen wurde, bei einem Großteil der Spieler eher zu einer Art Politikverdrossenheit zu führen scheint.
In Bezug auf die Reflexion ist noch zu erwähnen, dass diese während des Spielens anscheinend praktisch nicht stattfindet. Dies liegt zum einen daran, dass die Spieler solche Spiele oder Spielweisen wählen, welche es ihnen erlauben das Spiel konfliktfrei zu spielen. Andererseits verlangt das interaktive Medium Computerspiel häufig eine besondere Konzentration, womit eine wirkliche Reflexion während des Spiels kaum möglich wird. Dagegen findet bei vielen Spielern außerhalb des Spiels durchaus eine Reflexion statt.
Ebenfalls konnte festgestellt werden, bzw. in Bezug auf andere Studien konnte bestätigt werden, dass der moralischen Sichtweise der Spieler in Bezug auf Computerspiele häufig ein eigenes Normenverständnis zugrunde liegt, welches allerdings individuell geprägt ist. Manche Spieler scheinen sich darüber bewusst zu sein und äußern dementsprechend Verständnis, wenn manche Sichtweisen für Außenstehende nicht nachvollziehbar erscheinen, andere wiederum kritisieren das Unverständnis mancher Außenstehenden recht unreflektiert, wobei teilweise auch Vorurteile vorherrschen. Dabei raten manche Spieler an, je nach Situation sowohl anderen Spielern als auch Außenstehenden, die eigene Meinung zu reflektieren.
Besonders wenn es um bestimmte Inhalte in Computerspielen geht, scheinen selbst die Präferenzen unter den Spielern deutlich zu divergieren, was die Spieleentwickler bereits erkannt haben und auch entsprechend in ihren Spielen umsetzen. Dies lässt sich sicherlich auch zum Teil auf die unterschiedlichen Spielertypen zurückführen, allerdings wäre auch hier weitergehende Forschung dringend erforderlich.
Geht es um eine Diskussion in Bezug auf Computerspiele wurde deutlich, wie sehr Computerspieler darauf bestehen, dass eine faire und sachliche Diskussion geführt wird, besonders wenn es sich dabei um eine öffentliche Diskussion handelt. Dabei konnten eindeutige Parallelen zu den Ansprüchen der Diskursethik festgestellt werden. In einzelnen Argumentationen kommen sicherlich auch andere ethische Sichtweisen zum tragen, allerdings wird eine allgemeine Diskussion im Sinne der Diskursethik anscheinend von der überwiegenden Mehrheit der Computerspieler gefordert. Entsprechend wird dies auch im Bemühen einiger Spieler deutlich, wenn sie selbst versuchen sich auf diese Weise in die Diskussion einzubringen.
Einzelne Spielermeinungen führen dabei jedoch sicherlich kaum zum gewünschten Erfolg, nur eine Bündelung der Interessen von Computerspielern hat Aussicht auf die Chance in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Entsprechend hat sich der zweite Teil der Untersuchung der Frage gewidmet, welche Formen einer solchen Interessensvertretung bereits bestehen und wie diese von den Spielern wahrgenommen werden.
In den letzten Jahren hat sich die öffentliche Diskussion in Bezug auf Computerspiele verschärft, allerdings wird dabei deutlich, dass eine solche Diskussion praktisch unter Ausschluss der Computerspieler geführt wird. Da die Spieler aber, wie sich nun feststellen ließ, ebenfalls ihre Meinung einbringen wollen, versuchen sie dies auf verschiedenen Wegen zu realisieren.
In Anbetracht dessen, dass die meisten Äußerungen einzelner Spieler innerhalb der Szene hervorgebracht werden, scheinen viele dabei ihrem Ärger schlicht unter Gleichgesinnten Luft verschaffen zu wollen. Gewisse Kommentare deuten allerdings darauf hin, dass manche Spieler davon ausgehen, dass ihre Äußerungen, selbst auf sehr spielerzentrierten Internetseiten, auch von Außenstehenden oder Kritikern gelesen werden. Einem Großteil der Spieler scheint jedoch bewusst zu sein, dass dies kaum der Fall sein wird. Dementsprechend äußern sich Spieler, die ihre Meinung auch an Außenstehende kommunizieren wollen, bzw. sich in eine öffentliche Diskussion einbringen wollen, auch auf Internetseiten die ebenfalls von Personen ohne Computerspieleerfahrung besucht werden. Falls möglich äußern sich etliche Spieler auch direkt auf den Internetseiten verschiedener Kritiker, wie z.B. bei Medienberichterstattern. Einige Spieler scheinen in diesem Zusammenhang auch entsprechend E-Mails und Briefe zu versenden, oder sie beteiligen sich an Petitionen. Solche Aktionen, die zwar einzeln von den Spielern ausgeführt werden, können in der Masse jedoch durchaus Aufmerksamkeit erregen, so wie dies z.B. bei dem zu Anfang beschrieben Indizierungsantrag zu Counter-Strike der Fall gewesen war. Allerdings kann derartiges sicher nicht in diesem Maße beliebig wiederholt werden, zudem könnten die Interessen der Spieler durch einen Vertreter wahrscheinlich wesentlich besser gebündelt werden.
Dieser Meinung scheinen auch einige Spieler zu sein, so bitten und erwarten sie von verschiedenen Organisationen, wie z.B. den Computerspielefachzeitschriften, dass diese ihre Interessen in der Öffentlichkeit vertreten. Wie festgestellt wurde, hat es in diesem Bereich bereits verschiedene Unternehmungen gegeben, allerdings kann nicht behauptet werden, dass derartige Aktionen in der breiten Öffentlichkeit Aufmerksamkeit erregt haben, zumindest jedoch konnten einzelne Gespräche mit Beteiligten angeregt werden.
Relativ ähnlich ergeht es dem E‑Sport Dachverband ESB, auch dieser kann bisher auf keine besonderen Erfolge in der breiten Öffentlichkeit zurückblicken, allerdings zeigt sich hier zumindest der Versuch, eine organisierte Interessensvertretung aufzubauen und mit verschiedenen Teilen der Öffentlichkeit in Kontakt zu treten.
Die Versuche, sowohl von Fachzeitschriften als auch durch den ESB und ähnlichen Organisationen, finden zumindest bei den meisten Spielern großen Anklang, ebenso fühlen sie sich auch inhaltlich dabei sehr gut vertreten.
Andere Institutionen, wie z.B. Entwicklerverbände kommen für eine Vertretung der Spieler dagegen wohl eher nicht in Frage. Auch wenn aufgrund der aktuellen Situation die Argumente dieser Verbände ebenfalls von vielen Spielern getragen werden, kann davon ausgegangen werden, dass früher oder später Interessenskonflikte zu erwarten sind. Zudem wurde innerhalb der Untersuchung mehrfach deutlich, dass die Spieler es als sehr wichtig erachten, dass ein möglicher Interessensvertreter für Spieler keine kommerziellen Interessen verfolgt.
Ebenfalls anzumerken ist, dass im Gegensatz zur gesamten Computerspieleszene der E‑Sport Bereich bisher am deutlichsten organisatorische Strukturen aufweist, welche u. a.  in einer Interessensvertretung münden können. Allerdings stellt sich hierbei die Frage, inwieweit E‑Sport Vertreter die Interessen aller Computerspieler vertreten können.
Erste Schlüsse, die aus diesen Ergebnissen gezogen werden können, sowie die Frage wie eine zukünftige Entwicklung mit möglichen Lösungen aussehen kann, soll Gegenstand des nächsten Kapitels sein.
weiterlesen: 5 Fazit und Ausblick
2007 von Oliver Klopfertop
Computerspiele im moralischen Urteil ihrer NutzerHomeImpressumKontakt
Vorwort Kurzfassung Inhalt Abbildungen Abkürzungen 1 Einleitung 2 Computerspiele und ihre Nutzer 3 Empirische Untersuchung 4 Zusammenfassung 5 Fazit und Ausblick Anhang A: Counter-Strike Anhang B: BPJS Entscheidung Quellenverzeichnis Danksagung